NSA, BND, Stasi
NSA, BND, Stasi

NSA, BND, Stasi

Zwei ehemalige Mitarbeiter des NSA sagten vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages als Zeugen aus. William Binney war bis 2001 Technischer Direktor des größten US-Geheimdienstes und stieg aus dem Dienst aus, als er das Konzept einer ungenierten massenhaften Informationsgier nicht mehr mittragen wollte. Er bestätigte, dass es dieses Konzept seit 1998 gibt und auf der Grundlage der Terroranschläge vom 11. September 2001 massiv ausgebaut wurde. Auch der frühere NSA-Mitarbeiter Thomas Drake, der von 2001 bis 2008 beim US-Nachrichtendienst arbeitete und auch in Deutschland spionierte, stieg aus. Drake hat nie gedacht, dass „die NSA die effiziente Stasi übertreffen“ werde. Die Behauptung des BND, er habe nichts von der massenhaften Datenüberwachung durch die NSA gewusst, sei angesichts der engen Kooperation „jenseits jeder Glaubwürdigkeit“.
Der Dienst wolle „alles wissen, was die Bevölkerung, was der Einzelne tut“. Ziel der massenhaften Spionage ist, nicht nur Terroristen auszuschalten, sondern vor allem ungewöhnliche Lebenseinstellungen aufzuspüren. Das könne man nur als „totalitäres Vorgehen“ bewerten. Die US-Regierung handelt nicht nur gegen eigene Gesetze, sie missachtet auch die eigene Verfassung, nur um eine „riesige Machtfülle“ zu gewinnen.
Die US-Politik ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion darauf ausgerichtet, ihre Position als „die einzige Weltmacht“ abzusichern. Die Bildung der europäischen Union lief dem zuwider. Aber Brüssel dümpelt weiter im Fahrwasser der Washingtoner Außenpolitik.
Die Enthüllungen des US-amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden gaben Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken westlicher Geheimdienste. Neun von zehn Menschen, deren Kommunikation die NSA überwacht, sind unverdächtig: Dennoch werden intimste Details über ihr Leben gespeichert. Nur zu logisch wäre es, wenn auch Snowden in Deutschland vor dem NSA-Untersuchungsausschuss als Zeuge befragt werden würde. Wenn es nicht geschieht, dann nur aus Rücksicht vor der westlichen Interessengemeinschaft. Die Absicht der deutschen Regierenden, NSA-Praktiken in Deutschland aufklären zu wollen, ist aufgrund gemeinsamer transatlantischer Interessen geheuchelt. Andererseits geht es um die Durchsetzung nationaler, politischer, wirtschaftlicher, militärischer und geistiger Interessen. Die Ausweisung des US-Chefspions (Koordinator zwischen NSA, CIA, DIA und FBI) aus Deutschland zeigt, dass die Belastbarkeit der transatlantischen Verbundenheit überspannt wurde.
Die Gleichsetzung von Stasi und NSA ging einem CDU- Abgeordneten bei der Befragung im Bundestags-Ausschuss zu weit, angesichts der „163 Maueropfer und Todesopfer der Stasi“. Was der CDU- Mann unterschlägt ist die Tatsache, dass die Stasi der einzige Geheimdienst ist, dessen Unterlagen veröffentlicht wurden. Natürlich wurde der Öffentlichkeit nur zugänglich gemacht, was heutiger Politik dient. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) selbst wusste von den Praktiken westlicher Geheimdienste, konnte dies jedoch nicht öffentlich machen, ohne die Quellen zu gefährden. Angesichts der Tatsachen, dass amerikanische Geheimdienste, mehr noch als deutsche, überall in der Welt ihre Finger im Spiel hatten und haben, kann man davon ausgehen, dass auch sie unzählige Opfer auf dem Gewissen, oder Leichen im Keller haben. Nur gibt es darüber keine Statistik, und wenn, würde sie nicht veröffentlicht werden. Wenn man darüber hinaus nicht nur Opfer und Techniken der Geheimdienste vergleichen würde, sondern auch deren politische Zielsetzung, was regelmäßig unterlassen wird, würden derartige Vergleiche unter ganz anderen Vorzeichen stehen. Die Technik und noch effizientere Praktiken jedenfalls, der sich die westlichen Geheimdienste wie auch das Militär heute zu Nutzen machen, stellen alles Dagewesene in den Schatten. Sind sie deshalb weniger verwerflich, nur weil sie westlichen Interessen dienen? Ehemalige DDR-Bürgerrechtler müssen das so sehen, denn ihre Entrüstung über Praktiken von Geheimdiensten richtete sich ausschließlich gegen die Stasi. Angesichts der aktuellen Enthüllungen über westliche Geheimdienste hört man nichts mehr von Ihnen. Wenn Gauck von seinem Lieblingsthema Freiheit redet, meint er nur die Freiheit der Abwesenheit von der DDR und Stasi. Da fällt einem Erich Kästner ein: „Man darf zwar ruhig seinen Standpunkt haben, aber nicht auf ihm sitzen bleiben“.
Roland Jahn, seit 2011 Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen nach Gauck und Birthler, versteht Menschen, die die DDR nicht nur auf Repressionen und Staatssicherheit reduzieren (Interview im „neuen deutschland“ vom 14.6.2014). Er meint, eine differenzierte Sicht auf Biografien setzt eine gesellschaftliche Debatte voraus. Es gäbe keine staatliche Geschichtspolitik. Wer wenn nicht die Politik ist sonst verantwortlich für die von der Wirklichkeit abweichende Geschichtspolitik? Die freien Presse, dessen Mainstream doch nur gleichgeschaltet ist? Im Rahmen einer differenzierten Sicht müssten auch Zeitzeugen der Stasi gehört werden, meint Jahn. Soweit Grundrechte in der DDR verletzt worden sind, sind diese von den dafür Verantwortlichen zu benennen. Das setzt aber andererseits auch eine differenzierte Sicht der heute politisch Verantwortlichen voraus. Jahn meint, seine Behörde hat die Grenze zum Politikmachen nicht überschritten, wenn Medien seit fast 25 Jahren regelmäßig kurz vor Wahlen Enthüllungen über Kontakte von linken Politikern zur Staatssicherheit lancieren. Hier wünscht sich der kritische Leser des Gesprächs mit Jahn eine ebenso ehrlichere und kritischere Haltung, wie er es von den Verantwortlichen der DDR erwartet. Einerseits gilt das MfS offiziell als Hort des Unrechts, andererseits wird den dort produzierten Akten eine hohe Glaubwürdigkeit zugemessen. In diesem Zusammenhang ist die Verlängerung der Überprüfung auf eine Mitarbeit bei der Staatssicherheit für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst bis 2019, sowie die Erweiterung des Personenkreises zu sehen. Jahn meint, wenn es für frühere Mitarbeiter des MfS keine Verjährung gibt, geht es dabei nicht um Strafrecht, sondern um Transparenz und Ehrlichkeit. Er räumt aber ein, dass es eine Chance auf Neuanfang geben sollte.
Eine Expertenkommission soll jetzt den Bundestag über die Zukunft der Behörde beraten. Dabei wird die Linkspartei ausgeschlossen. Jahn meint dazu nur, es reicht wenn dort „gute Leute sitzen und keine parteipolitischen Auseinandersetzungen“ stattfinden. Eine sehr eingeschränkte Auffassung von Demokratie. Ihm ist wichtig, dass Aufklärung weitergeht, anderen wäre wichtig, dass Verklärung durch Geschichtspolitik aufhört. Akten der Stasi müssen auch genutzt werden, meint Jahn. „Die Akten einer Geheimpolizei werden den Menschen, über die sie angelegt worden sind, zugänglich gemacht. Es sei ein wichtiges Symbol, Transparenz über staatliches Handeln und gleichzeitig Datenschutz herzustellen“. Trifft das nur auf die Stasi zu? Der Roman-Autor Koidl sagt, die Überwachungsmöglichkeiten des ehemaligen MfS der DDR sind gegenüber den heutigen Möglichkeiten privater Internetkonzerne (Google, Facebook usw.) und staatlicher Geheimdienste ungefähr vergleichbar mit einem Wettrennen zwischen kasachischen Mulis und amerikanischen Atomraketen. Über Vergleiche mag man streiten. Abhören ist nur eine Methode aller Geheimdienste. Der Unterschied für Jahn ist, unter welchen Bedingungen und welche Regeln das geschieht und welche Möglichkeiten die Menschen haben, sich zur Wehr zu setzen, wenn sie ihre Grundrechte verletzt sehen. Welche Möglichkeiten haben die Menschen heute, wenn ihre Grundrechte durch massenhafte Datenüberwachung mit Füßen getreten werden? Welche Bedingungen meint Jahn, die das rechtfertigen? „In einer Demokratie müsse Freiheit eingeschränkt werden, um Freiheit zu schützen“. Wer regelt das, für wen?
Politik versagt heute, wenn es um die große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit geht. „Wenn sich Geheimdienste nicht an die Regeln halten, und nicht kontrolliert werden, ist Freiheit und Menschenrechte in Gefahr“. Stimmt, nur aktuelle Erkenntnisse zeigen, dass diese schon lange untergraben sind. Wenn es nach Jahn geht, haben Geheimdienste nicht ausgedient. Die Pannen bei der Verfolgung derMörderbande NSU vernebelt er mit Werten wie: Gleichheit, Menschenrechte und Freiheit. Der „Rest“ würde sich in einer Demokratie ergeben. Den Zugang der Öffentlichkeit zu den Akten aller Geheimdienste verschiebt er auf den Sankt Nimmerleinstag. Jahn,Gauck wie auch Merkel ignorieren 25 Jahre nach Stasi die aktuellen Probleme der heutigen Welt. Ihre Mission war mit der Abschaffung der Stasi beendet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert