Wen interessiert es, wenn eine „alte Schachtel in einem alten Auto« um die Welt fährt“, fragte sich Heidi Hetzer selbstironisch und lächelte Hudo an, der streng nach Benzin roch. Sehr viele, wenn es nach den Klicks auf ihrem Blog geht. Hudo ist übrigens ein Oldtimer mit Holzspeichen-Felgen und Trockenkupplung mit unsynchronisiertem Drei-Gang-Getriebe, sowie 17 Liter auf 100 Kilometer. Mit ihm ist sie ab 6/2014 in 30 Monaten um die Welt gefahren! Unglaublich aber wahr. Als ich die Geschichten um ihren Beifahrer hörte, den sie nur kurz nach dem Start verschlissen hatte, dachte ich noch, dass sie es mit ihren Ansprüchen nicht schafft. Aber sie feiert ihren 80 Geburtstag nach 84.000 km wieder wohlbehalten zu Hause. Hut ab. Für mich Ansporn, meine Weltreise auch mit 70 und nach geglückter Herzoperation doch noch zu vollenden. Heidi war langjährige Berliner Autohändlerin mit Promistatus und gelernte Automechanikerin dazu. Deshalb musste und konnte ihr Gefährt ein Oldtimer sein, wie in einem alten Hollywood-Film. Wenn sie meint, sie sei bescheidener, ruhiger und nachdenklicher geworden, und dass man wenig braucht (für so eine Reise?), kann ich das nachvollziehen. Auch sie war von Clärenore Stinnes (1901-1990) beeindruckt, die 1927 zwei Jahre mit einem Oldtimer, der noch kein Oldtimer war, die Welt umrundete. Mit ihrem Ruhestand und nach dem Verkauf ihrer Firma hatte Heidi mit ihren Kindern geklärt, dass sie ihr „Erbe einfach verballere“. Die Kinder hatten dafür offensichtlich Verständnis, denn die Familie war auf ihrer Reise das Allerwichtigste. Der Sinn der Weltreise ist ihr etwas vernebelt, und manchmal hätte sie sich einfach jemanden gewünscht, mit dem sie die schönen Momente teilen kann. Wenn mich mal jemand fragt, was der höhere Sinn so einer Weltreise sei, dem sage ich, dass er auch darin besteht, den höheren Sinn mal für eine kurze Zeit zu vergessen und ihm dabei ein Stück näher zu kommen.
Eine Weltreise kann auch als Therapie dienen, um aus einer Depression oder einer schwierigen Lebenssituation herauszukommen. So ging es Robby Clemens, der ab April 2017 vom Nordpol zum Südpol laufen will. 1986 machte er sich nach der Wende als Gas-Wasser- Installateur selbstständig. Das Geschäft lief gut. Er hatte mehr als 100 Mitarbeiter und volle Auftragsbücher. Dann kam die Wende und mit ihr der Baulöwe Schneider. Dessen Pleite zog auch Robby mit seinen Betrieb mit in den Abgrund. Er verlor viel Geld, auch das seiner Eltern, die mit ihrem gesamten Vermögen für ihn gebürgt hatten. Damit konnte er nicht leben, und begann zu trinken und zu rauchen und fühlte sich als körperliches und geistiges Wrack. Sein Arzt meinte, eine sofortige Entziehungskur sei seine einzige Überlebenschance. Der Erfolg einer Entziehungskur erschien ihm zu vage, stattdessen kaufte er sich Laufschuhe und rannte einfach los. So wie Forrest Gump, der konnte auch nie erklären, warum er unentwegt rennt. Er hatte einfach Spaß daran. Nach 2 Jahren lief Robby Marathon. Er lief immer weiter, um seine Grenzen auch als Extremsportler auszuloten, nach dem Spruch: „Trenne dich nie von deinen Illusionen oder Träumen. Denn wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben, zu leben“. 2007 lief er ein Jahr lang fast 14.000 Kilometer durch 27 Länder auf vier Kontinenten und schrieb viel später ein Buch darüber: „Ich lauf dann mal los, zu Fuß um die Welt“. Doch statt glücklich und zufrieden zu sein, fiel er danach in ein tiefes Loch. Nach einem Jahr Laufen voller interessanter Begegnungen hatte er das Ankommen nicht verkraftet und verfiel in Depressionen. Auch das kann ich sehr gut nachvollziehen. Seine Familie und Psychologen rieten ihm, sich ein neues Ziel zu setzen. Toll, wenn Familien das auch mittragen, denn 2 Jahre Trennung ist nicht unbedingt familienfreundlich. Er jedenfalls fühlt sich wieder fit für neue Herausforderungen: Zu Fuß vom Nord- zum Südpol. Vielleicht kreuzen sich ja unsere Wege in Amerika? Wir hätten uns Einiges zu erzählen.