Putin hat sich vor dem Deutschen Bundestag schon 2001 über das mangelnde Vertrauen Europas gegenüber Russland beschwert und wollte dennoch zu Europa gehören. Danach kam alles anders, Russland und Europa haben sich entfremdet. Lange vor der Eskalation in der Ukraine hat Russland der Nato seine Forderungen gestellt: Keine Nato-Osterweiterung und Neutralität der Ukraine. Wenn es um das souveräne Selbstbestimmungsrecht eines Staates geht, kann Russland die Grenze formulieren, deren Überschreitung eine Bedrohung für Russland darstellt. Wie auch die Ukraine das Recht hat, sich der EU und der Nato anzuschließen. Wenn sich aber beide Forderungen diametral gegenüberstehen, bleibt nur Verhandlung oder Krieg. Eine Verhandlungsbereitschaft lag seitens der Ukraine und des Westens nicht vor. Dies entspricht der bisherigen Geschichtslogik, die in einem Krieg endet. Die regional begrenzten kriegerischen Konflikte in Georgien 2008 und 2014 in der Ukraine waren schon Vorboten der Rückkehr dieser geschichtlichen Logik, die vor fast 120 Jahren zum 1. Weltkrieg führten. Der Regel, der Gewinner erhält alles, wollten sich die Faschisten (Nazis) nicht fügen und stürzten die Welt in den 2. Weltkrieg. An dieser Kriegslogik hat sich nichts geändert. Aus der Geschichte scheint Europa wenig gelernt zu haben. Die Kriegs- oder Siegerlogik besteht weiter. Im Verlauf des Kalten Krieges entging die Welt nur deshalb einem 3. Weltkrieg, weil durch die atomare Abschreckung ein Krieg nicht mehr gewinnbar ist.
Auch im Ukraine-Krieg bezichtigen sich beide Kriegsparteien gegenseitig der Kriegsverbrechen und -schuld. Die Nato und Europa werfen Russland Verletzung des Völkerrechts und Barbarei vor. Es gibt keinen „Grund“ für einen Krieg. Zwar wird in der Ukraine wieder nazistisches Gedankengut gepflegt, aber „Entnazifizierung“ wäre noch kein Kriegsgrund. Ginge es danach, müsste auch gegen Deutschland Krieg geführt werden. Auch eine Militarisierung ist kein Kriegsgrund. Danach müsste die USA das erste Kriegsziel sein. Die rüstet 18-mal mehr auf als Russland.
Der Westen gibt vor, westliche Werte durch Krieg verteidigen zu müssen. Weiter gibt er vor, Menschenrechte zu verteidigen und wird dabei zur direkten Kriegspartei, auch gegen Russland. Die Gefahr steigt, dass aus einem Stellvertreterkrieg ein 3. Weltkrieg wird.
Für die zweite Hälfte (oder für den Rest) der Welt ist der Ukraine-Krieg nur ein europäisches Problem. Deshalb haben zwar die meisten Staaten in der UNO gegen diesen Krieg gestimmt, sich aber nicht den westlichen Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Chinesische Wertevorstellung gehen schon seit Konfuzius vom Primat des Friedens und der Harmonie aus. Daher schlägt auch China ein europäisches Sicherheitssystem vor, das Russland mit einbezieht und nicht ausschließt. Dem brachte und bringt Europa aber keine Sympathie entgegen, sondern nur Verachtung. Diese Realitätsverweigerung kann nie zu einem europäischen Frieden führen.
Während des Kalten Krieges konnten sich beide Blöcke nach zähen Verhandlungen in Helsinki auf Entspannung, Verständnis und Friedensförderung einigen. Die Implosion der Sowjetunion und der Zusammenbruch des „Kommunismus“ wurde vom Westen als Sieg und das „Ende der Geschichte“ bejubelt (Der Sieger erhält alles). Das führte aber nicht zur Sicherung des Weltfriedens. Stattdessen ist die einstige Bereitschaft zur Annäherung der Konfrontation gewichen. Und das schon lange vor dem Ukraine-Krieg. Auch in diesem Krieg liegt (noch?) keine Bereitschaft zur Annäherung vor. Erst wenn einer der beiden gesiegt hat. Während die Kriegsparteien rätseln, was man unter einem Sieg zählen soll, haben bereits alle im Krieg verloren. Krieg bedeutet Barbarei. Chirurgische Kriegsführung war stets eine Lüge. Die Nato nutzte im Krieg gegen Jugoslawien den Begriff Kollateralschaden. Im Ukraine-Krieg spricht sie und Selenskyj stattdessen von Vernichtung der Nation und Kultur, wenn es um russische Kollateralschäden geht.
Währenddessen mangelt es den Oligarchen an nichts. Putin nicht und auch Selenskyj nicht. Letzterer wird von britischen und amerikanischen Kräften beschützt. Seine Familie lebt in einem Acht-Millionen-Dollar-Anwesen und besitzt eine 34-Millionen-Dollar-Villa in Miami Beach und eine weitere in der Toskana.
In Europa stehen alle Zeichen auf Krieg
Mit der Aufrüstung im Westen und der Lieferung von schweren Waffen in Kriegsgebiete wird die Grenze zur Kriegsbeteiligung auch in Deutschland überschritten. Alle Reste friedenspolitischer Positionen werden endgültig entsorgt. Im Gegensatz zum Kalten Krieg ist der Westen nicht an einer Kultur der Diplomatie, oder an einem Wandel durch Handel interessiert. Statt mit friedlicher Koexistenz zu drohen, wird jetzt nur noch die Keule geschwungen.
Über eine „regelbasierte Weltordnung“ will der Westen eine Regel nach der anderen brechen. Der bisherige Weltpolizist USA will diese Ordnung nach seinen Regeln ausrichten. Europa wie auch die USA wollen um jeden Preis ihre Positionen durchsetzen und verweigern jegliche Verhandlungsbereitschaft. Darin ist man sich einig. Finnland und Schweden wollen in die Nato, die Schweiz gibt ihre Neutralität auf. Die USA wollen „alles für die Selbstverteidigung notwendige“ zur Verfügung stellen und hofft (!), dass die Ukraine die von den USA gelieferten Raketenwerfer nicht gegen russisches Staatsgebiet einsetzt, und dass der „Konflikt“ noch mehrere Monate andauert. Wem die Sanktionen und die Aufrüstung letztendlich mehr schaden, ist noch nicht ausgemacht, da erst am Schluss abgerechnet werden kann. So wird an der Provokationsspirale gedreht und der Ukraine-Konflikt droht zum Stellvertreterkrieg zu werden.
Russland hat zwar den Krieg begonnen, aber der Westen nutzt ihn als seine lang erwartete Gelegenheit. Eine Rückkehr zum Frieden sieht der Westen nur noch über eine vollständige Niederlage oder Vernichtung Russlands. Polen hofft, dass über eine „Annäherung an die Ukraine“ die Kontrolle über historischen Besitzungen in der West-Ukraine wieder hergestellt werden kann. Die beiden Nachbarstaaten und Nato-Mitglieder Griechenland und Türkei streiten um die Hoheitsgebiete in der Ägäis.