Mali zwischen Spaltung und Krieg
Mali zwischen Spaltung und Krieg

Mali zwischen Spaltung und Krieg

Mali galt in Afrika lange als Musterdemokratie. Davon ist nicht viel geblieben, war alles nur Fassade? In diesem Jahr änderte sich alles. Zuerst putschte die Armee im Süden des Landes, weil sie unzufrieden war, dann rebellierten Aufständische und riefen im Norden einen eigenen Staat aus, der bisher aber noch von keinem anderen Land anerkannt wurde. Dann traten die Putschisten im Süden zugunsten des bisherigen Parlamentspräsidenten wieder zurück. Wussten sie, was sie taten? Damit ist die territoriale Einheit Malis gefährdet. Mali hatte in den 90ér Jahren den Übergang vom Ein Parteien- zum parlamentarischen System geschafft. Der bisherige Präsident hat danach aber das Rad wieder zurück in ein Einparteisystem im anderen Gewand zurückgedreht und seine eigene Präsidentenbewegung gegründet.

Die Aufständischen teilen sich in 3 Gruppen auf. Ein Teil der Rebellen im Norden rekrutiert sich aus Tuaregs, die für Gaddafi gekämpft haben und fliehen mussten. Zum anderen zwei Organisationen  al-Qaida-naher Islamisten: die algerisch dominierte Aqmi und die mauretanisch dominierte Mujao.

Die Tuaregs wollte alle Menschen im Norden unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit befreien. Inzwischen haben sie ihr reines Zweckbündnis mit den anderen beiden Gruppen aufgegeben und verhandeln mit der Regierung über eine friedliche Lösung, für die sich Burkina Faso und Algerien einsetzt. Die Tuaregs wollen sich auch mit einer Föderation zufrieden geben. Die zweite Gruppe versteht sich als Verteidiger des wahren Glaubens, des „richtigen“ Islam. Als Salafisten sind sie für die Einführung der Scharia in Mali. Sie wollen einen islamischen Staat nach dem Muster Saudi-Arabiens. Die 3. Gruppe benutzt Terror als Mittel der Kriegsführung in ihrem globalen Krieg, den Ihnen Bush erklärt hat. Die malische Armee ist als Ordnungsmacht im Norden Malis ausgefallen und der Staat hat sich komplett aus dem Norden zurückgezogen.

Die im volkstümlichen Islam verbreitete Verehrung von Heiligen und ihren Grabmahlen stellt für die „Verteidiger des wahren Glaubens„ einen Verstoß gegen den Islam dar, weil nur Allah angebetet werden dürfe. Deshalb zerstören sie muslimische Mausoleen in Timbuktu, welche zum Weltkulturerbe zählen. Das erinnert mich an die Zerstörung des  Palastes der Republik in Berlin nach der Wende. Der Palast war zwar kein Weltkulturerbe, aber Erbe eines Staates, an den außer Verunglimpfungen nichts mehr erinnern darf. Aber zurück zum Thema. Die Gruppe der Islamisten um Ansar Dine war eigentlich die Kleinere, hat aber seine bisherigen Verbündeten, die Tuareg-Rebellen z.T. vertrieben. Faktisch ist der Norden Malis dreigeteilt: Ansar al-Dine kontrolliert Kidal, die von Mauretaniern dominierte Mujao die Stadt Gao und der von Algeriern beherrschte Al-Qaida-Ableger Aqmi Timbuktu. Die globale Ausbreitung des Islam wird von der arabischen Halbinsel aus unterstützt. An Mali haben die Ölscheichs kein Interesse.

Die Tuaregs bilden die säkulare nationale Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA). Die MNLA hat mit der Betonung des Säkularen die muslimische Bevölkerung verstimmt, die das als anti-religiös und anti-islamisch auslegt. Zudem hat sie sich mit Plünderungen und Raubzüge in Misskredit gebracht. Mehr Rückhalt genießt die Ansar Dine, einer von drei islamistischen Gruppierungen, die bisher nicht mit Übergriffen in Verbindung gebracht wird.

Die Islamisten spitzen den Konflikt bewusst zu und machen keine Kompromisse mehr. Im Unterschied zu Afghanistan, Libyen und Syrien denkt der Westen aber nicht an ein militärisches Eingreifen. Die Afrikanische Union hat Mali aufgefordert, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS will Truppen entsenden, weil die Regierung in Bamako zu schwach ist, den Norden zurückzuerobern. Das stößt aber auf Ablehnung in Bamako und im UN-Sicherheitsrat. Übergangs-Präsident und Ministerpräsident Malis befinden sich derweil in Clinch. Es besteht die Gefahr, dass das Patt im Land noch lange anhält. Leidtragende sind wie immer in solchen Fällen die ohnehin sehr armen Bevölkerungsschichten, die täglich und sehr quirlig durch Kleinhandel ihre Existenz sichert.  Sonst bewegt sich nicht viel in diesem dreizehntärmsten Land der Welt. Im nicht industrialisierten Mali muss die Hälfte der Bevölkerung mit weniger als 1,10 € pro Tag auskommen. 30% der malischen Kinder sind unterernährt.

Im Dezember 2011 fand in Bamako der Weltklimagipfel statt. Nach einem Jahr, in dem es in der Sahel-Zone zu wenig regnete. Jedes Jahr wächst die Wüste um 10 km weiter nach Süden. Auswirkungen des Klimawandels. Auch die Zahl der Klimaflüchtlinge wächst ständig. Es besteht die Gefahr, dass die Getreideproduktion in der sahel-Zone weiter dramatisch sinkt. Die Folge zunehmender Dürre sind verheerende Hungerkatastrophen. Die 10 Millionen €, die die Bundesrepublik Mali anlässlich des Klimagipfels zugesagt hat, sind auch nur der Tropfen auf den heißen Stein. Mit Gaddafi ist einer der wenigen Förderer Malis weggebombt worden.

Faktisch steht Mali vor einem Krieg mit unkalkulierbaren Risiken. Die Regierung in Bamako hat im Oktober offiziell bei der UNO um grünes Licht für ein militärisches Vorgehen im Norden des faktisch geteilten Landes ersucht. Sie will im Norden Verein mit Truppen der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS die Integrität des malischen Staates wieder herstellen. Ein großer Teil der Bevölkerung will keine Militärintervention mit ausländischer Beteiligung. Die malische Armeeführung misstraut dem Handeln der Regierung und geht gegen diese vor.

Der Westen hat sehr schnell eine friedliche Lösung aufgegeben. Dabei steht wohl wieder die Sicherung der Rohstoffe wie Uran, Öl, Gold an oberster Stelle. Frankreich bietet logistische Unterstützung für einen Militäreinsatz an und setzt auf einen Stellvertreterkrieg, statt Katar aufzufordern, seine einseitige finanzielle Unterstützung der salafistischen Gruppen einzustellen. Der Emirs von Katar will in französische Aktien investieren. Eine Finanzspritze, von der Frankreich abhängig ist, um die schwächelnder Konjunktur anzukurbeln.

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