Ukrainekrise und Faschismus
Ukrainekrise und Faschismus

Ukrainekrise und Faschismus

Geschichts-Revision und -Vergessenheit

40 Jahre mussten in der alten Bundesrepublik vergehen, bevor ein (west)-deutscher Präsident Befreiung vom Faschismus auch beim Namen nannte. Bis dahin, und für ewig Gestrige noch bis heute, war es ein verlorener Krieg. Während Weizsäcker 1985 noch von der „Beendigung des Krieges und der NS-Gewaltherrschaft„ sprach, war es für den Präsidenten der DDR seit ihrer Gründung 1949 eine Befreiung vom Faschismus. Der Begriff Nationalsozialismus ist eine Verherrlichung, zumindest aber eine Verniedlichung einer im Grunde tief menschenverachtenden, rassistischen, antisemitischen und antikommunistischen Ideologie, welche zur größten Katastrophe im 20.Jahrhundert geführt hat. Eine rechtsextreme Diktatur, die Industrielle Methoden organisierte, um Millionen Menschen aus politischen und rassistischen Gründen systematisch zu vernichten. Auch der Begriff Holocaust macht das Unvorstellbare noch nicht vorstellbar. Wie, warum und durch wen war dieses verbrecherische System möglich geworden? Diese Fragen und vor allem deren Beantwortung sollte nie in Vergessenheit geraten. Die, die meinen den Krieg verloren zu haben, wollen, dass Gras darüber wächst. Die, die vom Faschismus befreit wurden, müssen an das Unvorstellbare erinnern, um es nie wieder zuzulassen.
Aus dieser Sicht ist es unvorstellbar, dass neuerdings in Lettlands Hauptstadt Riga alljährlich am 16. März der „Helden“ der Waffen-SS am „Tag der Legionäre“ gedacht wird. Für die baltischen Staaten, wie auch für die Ukraine sind Faschisten „Kämpfer für die Wiederherstellung der Unabhängigkeit“.

Waffen SSEisernes Kreuz für Angehörige der lettischen Waffen-SS.

Russland hat deshalb eine UNO-Resolution zur »Bekämpfung der Glorifizierung des Nazismus“ eingebracht. Die Bundesrepublik und die EU-Staaten haben sich im Dezember 2014 mit Rücksicht auf die baltischen EU-Partner und die Ukraine der Abstimmung enthalten. Begründung nach einer kleinen Anfrage der Linken: Man dürfe den „nationalen Unabhängigkeitsbewegungen“, die „unter nationalsozialistischem Kommando gegen die Rote Armee gekämpft haben“, nicht „pauschal eine Beteiligung an antisemitischen Pogromen und Mordaktionen unterstellen“. Tatsache ist dagegen, dass die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA), die im und nach dem Zweiten Weltkrieg für einen unabhängigen Staat kämpfte, nicht nur gegen Juden und Kommunisten vorging, sondern auch Massaker an der polnischen Bevölkerung verübte. In Kiew sitzen inzwischen Rechtsradikale in der Regierung, die sich explizit auf die „Freiheitshelden“ aus dem Zweiten Weltkrieg berufen, wie z.B. auf Bandera.
Warum begeht die Bundesrepublik diesen „geschichtspolitischen Tabubruch“? Weil der Westen mit der pro europäischen Bewegung in Osteuropa als Verbündeten den „letzten Störenfried“ in Europa beseitigen will. Man setzt auf Russophobie und nimmt dabei auch schon mal „ein paar Rechtsradikale“ in Kauf. Daher kann jeder vernunftbegabte Mensch nur hoffen, dass nicht die Hardliner die Oberhand gewinnen, die „im Namen westlicher Werte“ auch schon mal einen 3. Weltkrieg in Kauf nehmen, wenn es denn sein muss.
Um sich an das Unvorstellbare zu erinnern, lohnt ein Besuch der Villa am Wannsee in Berlin. Nachdem die politische Opposition, vor allem Kommunisten und auch Sozialdemokraten, in deutschen Konzentrationslagern bereits ermordet wurde, und der Holocaust schon im vollen Gange war, ging es am 20.1.1942 in der Wannseekonferenz darum, eine „Endlösung“ für die Vernichtung aller Juden zu organisieren. Danach bauten die Faschisten keine Konzentrationslager mehr, sondern Todeslager. D.h. man ferchte Millionen Menschen vor allem aus Polen und der Sowjetunion aus dem okkupierten Gebieten der Nazis im Osten Europas zusammen, um sie direkt aus den Waggons heraus in Gaskammern zu vernichten. Nach der faschistischen Ideologie bestand das Ziel nicht nur darin, die Juden zu vernichten, sondern darüber hinaus auch die „bolschewistischen Juden“. D.h. Antisemitismus und Antikommunismus war für die Faschisten „ein Abwasch“. „Bolschewismus“ war für die Nazis ein Kampfbegriff, der sich gegen alle kommunistischen Parteien Europas richtete. Diese alte Ideologie scheint noch tief in der Gesellschaft verwurzelt zu sein. Schaut man sich nur an, wie die Teilnehmer der Wannseekonferenz behandelt wurden, bekommt man zudem eine Ahnung, wie die Nazi-Vergangenheit in der BRD „bewältigt“ wurde. Bei der Verurteilung der DDR war man tausend mal schneller und konsequenter.
Was die Frage der Bewertung der Antihitlerkoalition und des Holocaust betrifft, hat sich die Bundesrepublik bewegt, nicht zuletzt auch durch die Bewegung der 68ér. Zumindest offiziell herrscht Konsens in der Verurteilung des „Nationalsozialismus“.
Aber warum spaltet die Ukrainekriese offensichtlich nicht nur die deutsche Gesellschaft, sondern zieht auch weltweit einen tiefen Riss? Es zeigt sich offensichtlich, dass sich in der Frage des nach Osten expandierenden Antikommunismus (oder im faschistischen Jargon: Bolschewismus), der sich heute in Form von Russophobie entlädt, während und nach dem kalten Krieg nicht viel bewegt hat. Schaut man sich die Texte am Wannsee näher an, erinnern aktuelle Ereignisse an Teile der faschistischen Ideologie.
Russland ist zwar alles andere als kommunistisch, aber die alten Feindbilder im Westen haben immer noch die gleiche Ausrichtung. Hier hinein passt auch, dass die USA auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz immer noch seit 70 Jahren Atomwaffen lagern. Anstatt sich dafür einzusetzen, Atomwaffen weltweit abzuschaffen, bemüht sich die BRD wegen des Ukraine-Konfliktes nicht um Abrüstung, sondern mehr um Aufrüstung ihrer Nato-Armee. So ist es auch nicht verwunderlich, sondern nur noch peinlich, dass der Westen Russland brüskiert und nicht an den Feierlichkeiten anlässlich des 70. Jahrestags des „Sieges über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg“ in Moskau teilnehmen will und auch nicht zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz eingeladen hat.
Die Sanktionen gegen Russland in der Ukrine Krise waren auch eine Retourkutsche des Westens für Syrien, vor allem der USA-Regierung, Putin und sein Außenminister Lawrow haben vor zwei Jahren den US-Neokonservativen ihren Krieg gegen Assad vereitelt. Zur Vorbereitung des Krieges wurde die Lüge verbreitet, Damaskus hätte die Giftgasangriffe befohlen. Damit wollte man Obama in den Krieg drängen. Russland hat das verhindert, indem es den Vorschlag machte, die chemischen Waffen zu vernichten. Wie in der Ukraine Krise drohte auch in Syrien ein 3. Weltkrieg. Die Scharfmacher sitzen in den USA, nicht in Russland.

 

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