Die Beamten auf der anderen Seite der Brücke hatten von der Auseinandersetzung um den Stempel für das Carnet in Nigeria Wind bekommen und wollten zuerst prüfen, ob ich in Kamerun auch ein Stempel für das Carnet brauche. Hier gab es zwar einen Custom- Beamten, aber der war wohl nicht zuständig. Zum Telefonieren ging er über die Brücke nach Nigeria. Letztendlich gaben sie mir zu verstehen, dass ich in Eyumojok stehen bleiben sollte, bis sie mit dem Carnet an der nahen Grenzstelle Etok den für Kamerun erforderlichen Stempel mit dem Moped eingeholt haben, weil die Strecke dorthin mit dem Fahrzeug nicht befahrbar ist. Wenn ich den Umweg von Calabar zur Grenzstelle Etok gemacht hätte, wäre ich vom Regen in die Traufe gekommen, was die Streckke betrifft. Der freundliche Beamte der Botschaft Kamerun in Calabar erzählte mir, er kommt gerade aus Kamerun, die Strecke sein befahrbar. Welche Strecke er meinte, bin ich nicht mehr gekommen zu fragen. Ich hatte „Wichtigeres“ zu tun: Ich musste Geld für das Visum nachtanken.
Also fuhr ich in Richtung Mamfe. Ich dachte, ich kann ganz gut ohne Kamerun- Stempel im Carnet leben. Wieder eine Fehlkalkulation. Da es schon 17 Uhr war, kam erst mal was kommen musste. Es war fast dunkel, als ich vor einer Steigung stehen blieb, weil ich sah, dass ich dort keine Chance hatte durch den Schlamm zu kommen. Ich habe mich auf eine Nacht mitten im Urwald, weit vom nächsten Dorf eingerichtet. Dann kamen mir Mopedfahrer entgegen, und meinten, sie kommen zurück. Sie kamen auch, und einer meinte, er sei Driver und er fährt mich raus. Ich überließ ihm das Steuer und er zeigte mir, wie man es macht. Im Schlamm braucht man eine ganz andere Technik, als z.B. im Sand. Im Schlamm wird keine Luft abgelassen, weil darunter fester Boden ist. Er fuhr volle Power, die Räder drehten mit 3 bis 4.000 Umdrehungen durch und der Gummi fing an zu qualmen und zu stinken. Bis zur Mitte kam er, dann war auch er am Ende. Sie sagten, sie kommen mit einem Fahrzeug wieder. Und dann kam wer:? Mein Driver, und er wollte die andere Hälfte seines Geldes. Diesmal gab ich sie ihm gleich, ich hatte eine schlechte Verhandlungsposition. In ihrem Dorf Otu, konnte ich übernachten, diesmal aber nicht als Gast. Er hat mich am nächsten Morgen durch die nächste Gefahr geschleppt und sich dann verabschiedet. Er brachte Bananen nach Nigeria. Er meinte noch im Ernst, ich solle ihm mein Fahrrad schenken, er hätte mir geholfen. Ich blieb ruhig und sagte, es war ein gutes Geschäft für ihn, nebenbei, weil es sonst eine Leerfahrt für ihn gewesen wäre. Sein Beifahrer, der beim Abschleppen immer auf meinen Beifahrersitz saß, wollte noch, dass ich Fotos mache, aber ich fand meinen Fotoapperat nicht. Er umarmate mich noch beim Abschied. Sollte er den Fotoapperat gestohlen haben? Vielleicht habe ich ihn auch verloren. So oder so, ich kann keine Bilder von der Schlammschlacht zeigen.
Ich fuhr weiter und wer kam mir entgegen?: Der Beamte, der mir meinen Stempel holen wollte. Er hätte in Eyumojok auf mich gewartet. Er fuhr mit seinem Moped voraus und fing er mich dort an einer Polizeistelle ab. Ich ließ ihn noch unterschreiben, dass er mein Carnet hat. Er fuhr nach Etok und ließ mich ganze 6 Stunden warten. Und dann kam nicht er, sondern ein anderer Mopedfahrer und wollte Geld für den Transport des Papiers. Da ist mir der Kragen gerissen. Dem Beamten habe ich lautstarkk zu verstehen gegeben, dass er mir das Carnet übergeben möchte. Den Mopedfahrer habe ich negiert. Sie zogen beide los zum Chefbeamten. Es verging eine weitere Stunde. Wieder zurück, gab der Mopedfahrer dem Beamten das Carnet und der gab es mir. Also, es geht doch. Geld hat der Mopedfahrer von mir natürlich nicht bekommen, wenn dann vom den Beamten, wie es sich gehört. Zum Verhalten gegenüber Korruption gibt es unterschiedliche Meinungen unter Travellern. Ich bin bisher immer gut gefahren, sie zu ignorieren. Dazu braucht man Nerven und machmal Ausdauer. Es kann auch mal schief gehen. Die Immigrationsbeamten an beiden Grenzstellen wollten Geld für ihre Stempel. Dem einen musste ich noch erklären, wo das Visum seines Landes im Pass ist. Letztendlich haben sie mich ohne ziehen lassen. Wofür soll ich zahlen, für ihre Überheblichkeit, oder ihre Dummheit? Der Anteil der Analphabeten ist hier groß, wofür die Meisten nichts können. Die Beamten schließe ich dabei aus.
Die 40 km Piste zwischen Eyumojok und Mamfe war zwar in einem angsterregendem Zustand, aber auch für mich befahrbar. Irgendwann reiße ich mir den Tank auf. Aber die schlimmsten Stellen waren wenigstens provisorisch befestigt. Und zu meinem Glück hat es 2 Tage nicht mehr geregnet. Und die Chinesen haben angefangen eine riesige Schneise in den Wald zu schlagen. Vor Mamfe hat es geregnet. Ich frage an einer Kreuzung nach dem Weg und folge einem alten Trottel auf dem falschem. Der zieht mit seiner Schrottkiste durch den nächsten, knöcheltiefen Schlamm. Ich bleibe stecken und ziehe zurück, aber da stehen Mopedfahrer. Ich muss stoppen und dann geht gar nichts mehr, 2 km vor Mamfe, im Dunkeln. Zwei Jungs mit Moped wollten helfen. Aber die Verständigung war schlecht und sie waren keine Profis, was wiederum gut für meinen Geldbeutel war. Irgendwann kam einer auf die Idee, Kies vom Straßenrand unter die Hinterräder zu streuen. Und irgendwann war ich raus, mit Power, man lernt ja dazu. Aber das ist eine Materialschlacht ohnegleichen. Ich erreiche mein Ziel im Data Hotel, wo ich gut stehen und schlafen kann. Ab hier mache ich Bilder mit dem Handy, und wir müssen Einschränkungen in der Qualität hinnehmen..
Und ich habe Internet und Verbindung mit Zuhause. Ich lebe, aber 2 Tage ohne Geld, ohne Essen, ohne Waschen. Meine Eigenversorgung ist völlig zusammengebrochen. Ich bleibe einen Tag in Mamfe, der kleinen Stadt am Fluss. Ich lass Wäsche waschen und entferne den Schlamm aus dem Auto. Bilder mache ich ab hier mit Handy.
Aber eigentlich habe ich keine Zeit, denn ich muss Ende des Monats aus der DR Kongo (Kinshasa) ausreisen, lt. Visum. Eine Fehlkalkulation? Und ein Visum für Kongo (Brazzaville) habe ich auch noch nicht. Wer holt mich hier raus, aus dem Urwald?
Und weiter geht’s in Richtung Yaunde, der Hauptstadt Kameruns. Aber ich komme nur bis Bamenda. 80 km feinster Asphalt und eine herrliche Gegend. So macht reisen Spaß.
Ganz ist die Straße aber noch nicht fertig. Um einen Berg muss noch auf einem Waldweg drum herum gefahren werden. Einige Stellen machen mir wieder Angst hängen zu bleiben. Die Bilder vermitteln einen kleinen Eindruck von der Schlammschlacht, die vor und nach der Grenze Nigeria-Kamerun erforderlich war. Leider sind mir die Bilder samt Kamera abhanden gekommen.
Aber der Schlamm ist hier nicht tief. Und bald ist die Straße wieder erreicht.
In Bamenda mache ich Halt und kann auf dem Hof eines guten Hotels stehen und schlafen. Aus Ermangelung an anderen Informationen ist das Übernachten an (nicht in) Hotels die sicherste Variante, auf die ich mich jetzt spezialisiert habe. Das ist aber auch verbunden mit einigen Nachteilen. Man erwartet, dass ich im Hotel esse, d.h. die preisgünstigere Selbstversorgung funktioniert fast kaum noch.
Am nächsten Tag fahre ich durch bis Yaunda. Durchgehend guter Asphalt. Die Natur hat sich verändert. Der Urwald ist nicht mehr so dicht und es öffnen sich herrliche Sichten auf Berge und Flüsse.
Da nicht alle an der Rezeption der Hotels immer kooperativ sind, spreche ich diesmal nur mit den Sicherheitsleuten und gebe ihnen das Geld für den Standplatz. Ich bin jetzt 120 Tage und etwa 17.000 km unterwegs und habe noch nicht eine Nacht im Hotelbett geschlafen. Solange ich im Auto gut schlafen kann, will ich das auch beibehalten. Das spart Geld und Ärger für teure und zugleich schlechte Hotelbetten – und -zimmer. Früh nach 8 finde ich die Botschaft Kongos (Brazzaville) und habe schnell meinen Antrag abgegeben. Von dort fahre ich auf den Mont Febe und genieße beim selbstgemachten Frühstück eine herrliche Aussicht auf die Haupstadt. Im nahen Hotel gleichen Namens habe ich Internatanschluss. Auf dem Berg gibt es auch ein Kloster mit Parkplatz, auf dem oft Treveller stehen sollen. Ich habe schon lange keine mehr gesehen.
Bis zur Grenze Gabun müsste gut zu fahren sein. Aus anderen, älteren Berichten weiß ich, dass etwa 1.000 km durch Gabun zu fahren sind: davon 250 km gute und 50 km schlechte Teerstrasse, 600 km Buschpiste und wieder 100 km Teerstrasse. Andere haben für die Strecke 5 Tage gebraucht. Mir sitzt die Zeit im Nacken. Ende des Monats mus ich lt. Visum aus DR Kongo raus sein. Mit meinen Erfahrungen stimmt überein, dass eine gute Buschpiste besser als eine schlechte Teerstraße zu befahren ist. Vorausgesetzt, es hat nicht in Strömen geregnet. Bei schlechter Teerstraße hat man bei Schritttempo die Wahl, durch welches Loch man manövriert und ggf. aufsetzt. Wenn selbst die Botschaftsmitarbeiter Gabuns kein Wissen vermitteln können, wie die Straßenverhältnisse sind, ist das ein Armutszeugnis, was für Afrika Typisch ist. In Afrika ist nichts vollkommener, als die Unvollkommenheit.
Mit Nigeria habe ich Westafrika verlassen und bin jetzt in Zentralafrika. Mit Kamerun werde ich auch die Welt des Islam verlassen.Von Senegal bis Kongo-Brazzaville bin ich mit Ausnahme von Nigeria in der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion. Währung ist der CFA-Franc, der zum festen Wechselkurs zum Euro (Franc) steht. Kolonial unterdrückt waren diese Länder von Frankreich, mit Ausnahme von Togo, Benin, Nigeria. Kamerun war bis zum 1. Weltkrieg Kolonie Deutschlands,, aber ich habe hier noch kein deutschsprechenden Afrikaner kennengelernt. Komisch. Mit Ausnahme von Marokko und Mali war ich bisher in Präsidentielle Regierungssysteme, wie in den USA.
Die Schulferien sind vorbei, in den Städten und Dörfern sind wieder viele Schüler unterwegs. Da sie wie hier in Kamerun gleiche Kleidung tragen, sind sie weithin sichtbar. Bildung ist auf dem Kontinent aber keineswegs normal. 33 Millionen Kinder gehen in Afrika nicht zur Grundschule, 156 Millionen Erwachsene sind Analphabeten. Die Ursache kann man vor allem in regionalen Konflikten sehen. In Bürgerkriegsländer wie Südsudan können nur 27 Prozent lesen und schreiben, in Somalia sind es 35 Prozent.
Das ist die geplante Route von der nigerianischen Grenze bis vor Kongo- Brazzaville. In Google ist die Route an einigen Stellen unterbrochen, was auf eine schwierige Piste schließen lässt. Hinter Loubomo gibt es wohl 3 Möglichkeiten den Congo-River zur DR Kongo (Kinshasa) zu überqueren : Mit der sehr chaotischen und teuren Fähre ab Brazzaville, oder die Brücke bei Boma oder Matadi, oder über die Fähre bei Luozi. Letztere haben eine sehr schwierige Anfahrt, die Brücke soll wohl weggespühlt worden sein. Aber ich kann nur eins: Recherchieren oder fahren. bis 27. 9.12 mus ich die Grenze nach DR Kongo erreicht haben. das wird sehr eng, bis unmöglich. In der Botschaft DR Kongos sagte man heute, dass ich nur ein neues Visum beantragen, nicht aber verlängern kann. Andere sagen wieder, es gibt kein neues Visum.
Mein Schatz, deine Berichte sind spannender als jeder Krimi. Du wächst mit den ganzen Aufgaben und Anforderungen, die einen ja echt bis an die Grenzen des Wahnsinns bringen….aaaber wie war das: selbstauferlegte Mission. Und alle Achtung, du hast das alles super gemeistert…und wenn`s gaaanich mehr geht, hol ich dich aus Urwald und Schlam(m)assel natürlich raus. PS: wie wär`s mit nem Elefanten wegfangen…ist auf Dauer besser als geschäftsfreudige Driver ?
Denk immer dran: alles wird gut…alles Gute bis zum nächsten Skypen. HDL
Danke für das Lob. Mag sein, dass ich wachse mit den Anforderungen. Aber auf die Strapazen würde ich gern verzichten. Übrigens, der Ort Eyumojok hinter der Grenze Nigeria, heißt so viel wie Elefant. Aber die gibt es wohl schon lange nicht mehr hier.