In Simbabwe herrscht Langzeitpräsident Robert Mugabe. 1980 hat er im antikolonialen Befreiungskampf gegen das weiße Minderheitsregime im damaligen britischen Rhodesien gekämpft, aus dem dann Simbabwe als neuer Staat entstand. Simbabwe mit seinen etwa 15 Millionen Einwohnern gehört einem UN-Index zufolge zu den ärmsten Staaten der Welt. Mugabe hat die frühere Kornkammer des südlichen Afrikas heruntergewirtschaftet. Das Land hat sich bislang noch nicht von einer schweren Wirtschaftskrise erholt, in Folge derer es 2008 zu einer galoppierenden Hyperinflation und zum Zerfall der Landeswährung kam. Seine Ehefrau nutzt derweil ihre Privilegien z.B. für Einkaufstouren in Europas Konsumtempeln.
Aus den Wahlen in Simbabwe ist Robert Mugabes ZANU-PF als Siegerin hervorgegangen. Sie errang eine 2/3-Mehrheit im Parlament. Bei der Wahl wurde Mugabe mit mindestens 61% der Stimmen als Präsident bestätigt. Herausforderer Morgan Tsvangirai, der mit der Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) nur 34% der Stimmen erhielt, will das Ergebnis vor dem Obersten Gericht in Harare anfechten. Nach Angaben der Wahlkommission können Unregelmäßigkeiten, soweit die Vorwürfe stimmen, jedoch nicht Wahlentscheidend gewesen sein. Erkennt die Opposition das Wahlergebnis an, wird eine seit 2008 anhaltende politische Krise beendet. In einer Regierung der nationalen Einheit haben sich beide Parteien seit der letzten Wahl, als es zu Unruhen kam, die Macht geteilt, was immer wieder zu Auseinandersetzungen führte. Robert Mugabe, dem Menschenrechtsverletzungen nachgesagt werden, ist seit der 1980 errungenen Unabhängigkeit ununterbrochen an der Macht. Lt. einer Verfassungsänderung sind die Vollmachten des Präsidenten erheblich beschnitten. Er kann nur noch 2 Amtszeiten von je 5 Jahren herrschen. Die europäische Union, die Sanktionen gegen Simbabwe verhängt hat, will ihre Entwicklungshilfe erst wieder 2014 aufnehmen.
Der Wunschkandidat westlicher Regierungen war Tsvangirai, der sich dem internationalen Kapital angedient hat. Die Simbabwer wollten zwar einen Wechsel, aber nicht den zur Partei des Herausforderers. Die ZANU-PF genießt immer noch oder wieder das Vertrauen der Mehrheit. Vielleicht sieht man in ihr das kleinere Übel und viele gehen wohl davon aus, dass der fast 90 Jahre alte Mugabe eine volle Amtszeit nicht erlebt.
Ab 2000 wurde die umstrittene Landreform umgesetzt, bei der Großfarmen mit einer Fläche ab 6000 Hektar umverteilt wurden. Landbesitz war in Südrhodesien, dem heutigen Simbabwe, den britischen Kolonisten vorbehalten. Afrikanischen Ureinwohner (zu 99% Schwarze), wurden in unfruchtbare Regionen vertrieben.
Aber die notwendige Umstrukturierung in der Landwirtschaft wurde gewaltsam und ohne Konzept erzwungen und musste daher vorerst scheitern. 4.000 weiße Farmer wurden vertrieben und enteignet. Deren hochproduktive Betriebe wurden an etwa 300.000 Kleinbauern und Beamte, aber auch Landlose übergeben. Auch die Elite inklusive der Mugabe-Familie eignete sich Einzelfarmen an. Den neuen Kleinfarmern fehlte es meist an Know-how und Geld für Saatgut, Pestizid, Dünger und Ausrüstung wie Traktoren. Aufgrund der engen Verflechtung von Landwirtschaft, Industrie und Finanzwesen folgte der Landreform ein Jahrzehnt mit Rezession und Deindustrialisierung. Die Ernährung der Bevölkerung brach in der einstigen Kornkammer Afrikas weitgehend zusammen. Inzwischen ist der Stand von 1994 (2,1 Tonnen Mais) fast wieder erreicht und die nationalen Getreidekammern sind mit 1,8 Tonnen gefüllt, wie einer im Juli 2013 vom Nationalen Statistikamt veröffentlichte Studie zu entnehmen ist. Das Meiste stammt aus der kleinbäuerlichen Produktion. Die kommerziellen Farmer hingegen, die mehrheitlich von der Landreform profitiert und die besten Agrarflächen erhalten hatten, steuern nur noch einen Bruchteil bei. Hunderttausende kleine Maisbauern besitzen inzwischen Eigentumstitel für das besetzte Land. Die Kleinbauern, die lange nur für den Eigenbedarf angebaut hatten, haben ihre Getreideproduktion (neben Mais auch Sorghum und Hirse) kommerzialisiert. Zudem werden sie staatlich subventioniert, während den Menschen, die auf den kommerziellen Farmen angesiedelt wurden, weitgehend auf sich gestellt sind. Ihnen fehlen Ressourcen wie Wasser und Energie, sowie finanzielle Mittel.
Zur Beseitigung des während des Kolonialismus geschaffenen Unrechts und im Interesse des sozialen Friedens war nach der Unabhängigkeit die Umverteilung von landwirtschaftlicher Nutzfläche eine notwendige Maßnahme, die kein Markt regeln kann. Zudem hat Simbabwe Forderungen nach Reparationen für „das internationale Verbrechen des Kolonialismus“ in seiner Verfassung verankert.
Als Vergleich ein kurzer Blick in die weltweite Geschichte. 1945 wurde auf dem von der Sowjetunion vom Faschismus gereinigten Boden die demokratische Bodenreform durchgeführt. Auch die verlief nicht ohne Schwierigkeiten, wurde aber nach der Wende durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Bis heute ist die Enteignung von Land der Nazis und Kriegsverbrecher, oder Leuten, die mehr als 100 Hektar besaßen, Gegenstand heftiger, politischer und ideologischer Auseinandersetzungen. Eine aktuelle Umverteilung an besitzlose Bauern findet in Ecuador statt. Dort wurde z.B. dem größten Landbesitzer in Südamerika, der katholischen Kirche, Land entzogen, zwecks Beseitigung der schreienden Ungerechtigkeit in der Eigentumsverteilung. Eine winzige Oberschicht besitzt riesige Ländereien und die zumeist indigene Bevölkerungsmehrheit auf dem Lande fast gar nichts. In Ecuador wie auch in Simbabwe hat man von Kuba lernen können. In der DDR wurden nach der Bodenreform auf genossenschaftlicher Basis große Agrarbetriebe (LPG) geschaffen. Die Auflösung der sozialistischen Agrarbetriebe in Rumänien und Bulgarien und die Rückübertragung des Ackers an Kleinbauern hat nach der Wende dazu geführt, dass diese Staaten, die früher Lebensmittel exportierten, sich heute nicht mehr selbst ernähren können. Nach wie vor ist die Frage: “Wem gehört der Boden?“ weltweit unbeantwortet. Und dazu gehört auch der Boden, auf dem durch Industrialisierung Gewinn erzielt wird, oder Bodenschätze geborgen werden.
Simbabwes Wirtschaft erholt sich nach starken Einbrüchen wieder. Sie war nach der 1980 errungenen Unabhängigkeit ein Leuchtturm auf dem afrikanischen Kontinent. Bis 1997 florierte die Landwirtschaft, Bergbau, Industrie und Tourismus. Seitdem ging es abwärts, beschleunigt durch die Landreform. Die Arbeitslosigkeit stieg auf rd. 70 %. Zwischen 2000 und 2009 sank das Bruttosozialprodukt pro Kopf um 45 %. Hinzu kamen der Verfall der Infrastruktur sowie hohe Korruption. Die Folge war ein wirtschaftlicher Zusammenbruch mit einer unvorstellbaren Inflationsrate von 250 Millionen % im Jahre 2008.
Heute erinnern Scheine wie, „Ten Billion Dollars“ an diese Zeit. Jetzt gibt es nur noch den US-Dollar als Landeswährung, von denen bei der Bevölkerung nur sehr wenig ankommt.63% der Bevölkerung leben in Armut, davon 16 % in totaler Armut.
Das Land ist reich an Bodenschätzen. 2012 wurden Diamanten im Wert von 234 Millionen US-Dollar exportiert, der Gewinn floss in die Taschen der Elite, nicht in die Staatskasse. Die jetzt angekündigten Wirtschaftsreformen der Partei Mugabes, 51% der Minen und anderer großer Betriebe zu verstaatlichen, und damit die Gewinne dem eigenen Volk und nicht nur ausländischen Konzernen und Aktionären zugutekommen zu lassen, hat das simbabwische Volk offensichtlich nicht erschreckt. Viele hoffen, dass die Wirtschaftsreformen auch weiterhin zu sozialen Verbesserungen führen.