Die USA hat ein neues Problem, den „Islamischen Staat“ (IS), der erst einer werden will und damit den globalen Eliten ins Handwerk pfuscht. Die Büchse der Pandora wurde in Syrien durch den Westen geöffnet, der auf Teufel komm raus den IS erst gezüchtet hat, wie schon Osama bin Laden in Afghanistan. Aber nicht nur die USA haben ein Problem, sondern auch wir, denn der Krieg des IS findet vor unserer Haustür statt. Der Westen erwartet vom türkischen Nato-Partner, dass er an seinen Grenzen wieder Ordnung schafft. Mit Panzern natürlich, man redet schon vom Nato-Bündnisfall. Dabei leben wir seit 13 Jahren immer noch in dem, der 2 Tage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center zum ersten und einzigen Mal ausgerufen wurde. Grundlage waren Beweise, die einen angeblich bewaffneten Angriff der Taliban oder Al Qaidas auf die USA belegen. Von einem neuen 30-jährigen Krieg gegen den „Islamischen Staat“ ist nun die Rede.
Die Türkei heuchelt, wenn sie den Strom von Flüchtlingen beklagt, den sie zum Teil selbst verursacht hat. Sie sieht keine Gefahr, die von dem IS ausgeht. Sie verfolgt ihre eigenen Interessen und wird damit Teil des Problems. Für Ankara hat die Gefahr Priorität, die von den Kurden ausgeht. Ankara will unbedingt verhindern, dass die Kurden ihren eigenen Staat errichten. Die kurdische Minderheit in Nordostsyrien hatte die Schwäche des syrischen Staates genutzt, um eigenständige Strukturen aufzubauen.
Dann soll Assad aus Damaskus vertrieben werden, womit die Nato-Partner USA und Türkei auch ein gemeinsames imperiales Ziel haben. Erdogan hatte bereits 2012 als Ministerpräsident einen Regimewechsel in Damaskus zum Staatsziel erklärt. Erst dann will Ankara gegen den IS in Westkurdistan (Rojava, Nordsyrien) vorgehen. Solange der IS gegen die Kurden und Assad vorgeht, sind die Dschihadisten Bündnispartner für die Türkei, natürlich nicht offiziell. An der nordsyrischen Grenze vor Kobane, schaut die Welt derweil aus türkischen Nato-Panzern zu, wie die Kurden vom IS mit westlichen Waffen abgeschlachtet werden. Da es sich um fortschrittlich demokratische Kurden handelt, lässt man sie ausbluten. Zudem droht ein Massaker an tausenden noch in Kobane verbliebenen Zivilisten, sollte die Stadt den Dschihadisten in die Hände fallen.
Der Kampf um Kobane steht symbolisch für Dutzend andere Schauplätzen im derzeitigen nahöstlichen Kriegsgeschehen. Die NATO, bzw. der Westen unterstützt Kurden nur in eigenem Interesse. D.h. Unterstützung bekommt nur der konservative Teil der Kurden, also die KDP (Kurdisch demokratische Partei, bzw. deren Miliz Peschmerga). Die progressiven, basisdemokratisch gewählten Kurden der PYD (Partei der Demokratischen Union) in den nordsyrischen Selbstverwaltungsgebieten erhalten dagegen keine Unterstützung. Sie wollen multi-ethnische und -religiöse Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava aufbauen, die ein Modell für ein humanistisches Zusammenleben aller Menschen im Mittleren Osten sein könnten. Die Selbstverteidigungskräfte YPG der syrisch-kurdische Bewegung PYD schützen das Leben in der Region, sowie Demokratie und Freiheit. Dieses Gesellschaftsmodell unterscheidet sich grundsätzlich von dem des „Islamischen Staates“ und wird daher vom IS auch so verbissen bekämpft. Die YPG verteidigt sich schon seit mehreren Jahren erfolgreich gegen die Angriffe der Dschihadisten und ist verbündet mit der türkisch-kurdischen PKK, gegen die die Türkei seit Jahrzehnten Krieg führt. In der Türkei, wie auch in Deutschland, wird die PKK als terroristische Organisation verfolgt. Die Terroristen aber sind Erdogan und der IS. Erdogan nannte es „Krieg gegen das eigene Volk“, als er scheinheilig auf Assad zeigte. Er selbst führt schon seit Jahren Krieg gegen sein eigenes Volk: gegen die türkischen Kurden. Ankara setzt Kampfflugzeuge ein und bricht den Friedensprozess ab. D.h. der Kampf der Kurden in der Türkei (etwa 15 Millionen, mit 18 % der Gesamtbevölkerung die größte ethnische Minderheit) um mehr Selbstbestimmung lebt wieder auf. Ein Teil wird um ihre Rechte auch mit Waffen kämpfen. Ankara wie der Westen, wird die Separatisten der PKK dann prokurdische Terroristen nennen und man wird sich an die vom Westen und den prowestlichen Ukrainern vorgegebene Rollenverteilung in der Ukraine erinnern. Um Kobane findet auch eine System-Auseinandersetzung (rechts gegen links, konservativ gegen progressiv, aber auch Religion gegen Staat) statt, die doch nach dem Kalten Krieg für beendet erklärt wurde.