Vom 3.7. bis 29.8.2014 waren wir wieder on Tour: Rund um die Ostsee, 7.400 km im Auto in 2 Monaten. Es ist auch die Vollendung der Afrikatour, d.h. die Tour vom Süd- zum Nord-Kap.
Wieder für 2 Monate ein Leben auf der Fläche von 2 Matratzen, ohne Uhr, im Tagesrhythmus der Sonne. Der Toyota Hiace (Kleinbus) ist von der Asien und der Afrikatour schon ein wenig ramponiert, aber immer noch ein zuverlässiges Fahrzeug. Der selbst ausgebaute Schlafplatz entspricht der Mittelklasse zwischen Wohnmobil und Zelt. Nicht sehr komfortabel, aber völlig ausreichend, wenn man auf Komfort verzichten kann. Außerdem war ein Wohnmobil für eine Afrikaumrundung eher ungeeignet. Nur manchmal bauen wird auch das Zelt auf. Auf Campingplätze wollen wir nicht verzichten, da im Mobil eine Toilette fehlt. Die Wohnmobile auf den Campingplätzen sind sehr unterschiedlicher Größe und entsprechen manchmal rollenden Komforthäusern. Im Kontrast dazu ein zum Wohnmobil ausgebautes Tuk-Tuk (Dreirad nach indischer Bauart).
Tuk Tuk
rollendes Komforthaus
Die geplante Route führt im umgekehrten Urzeigersinn um die Ostsee, wobei wir auch in Norwegen entlang des Atlantiks fahren. Sie entspricht im Großen und Ganzen der gefahrenen Route (nicht so weit nördlich und etwas mehr Norwegen um Alesund)
gefahrene Route (Stand 29.8.2014, nach Rückkehr)
Polen und die Baltischen Staaten haben wir relativ schnell durchfahren. Da wir auf den Stress der Visa-Einholung verzichten wollten, haben wir den Landweg über St. Petersburg abgekürzt und die Fähre Tallin – Helsinki genommen. Die Route führt durch 7 Länder (ohne Deutschland), alle im Schengener Raum, d.h. ohne Grenzkontrollen. Nur Finnland und Schweden sind nicht gleichzeitig Mitglied der Nato. 5 dieser europäischen Länder haben noch ihre eigene Währung. Lettland hat erst ab diesem Jahr den Euro eingeführt. Mit „Lat it be … Lat it be“, haben einige Letten scherzhaft ihrer Währung Lat nachgetrauert.
Die Campingplätze, auf denen wir auf der bisher gefahrenen Route übernachtet haben, sind mit roten Fähnchen gekennzeichnet. Das Netz der Campingplätze ist insbesondere in den skandinavischen Ländern sehr dicht gespannt. Das macht die spontane Planung des nächsten Tageszieles sehr einfach. Ein Kinderspiel im Vergleich zur Tour durch Afrika oder Asien. Man bekommt den Eindruck, alle Skandinavier sind mit dem Wohnmobil oder dem Wohnwagen unterwegs. Die Anzahl der Touristen aus Deutschland nimmt im Norden der skandinavischen Länder jedoch ab, sicherlich weil man für die längeren Strecken doch mehr als 2 Wochen Urlaub benötigt, und über den verfügen meist nur Rentner. Im Unterschied zur Asien- oder Afrikatour trifft man kaum auf weltreisende Traveller, fast „nur“ auf Touristen. Mit dem Wetter hatten wir bisher großes Glück, nur Sonnenschein, mit wenigen Ausnahmen kurzer Gewitterschauer. Im Unterschied zu Deutschland erreicht das Quecksilber aber nur etwa die 25°C-Marke. Anfangs hatte ich Befürchtungen, da der Siebenschläfer doch sehr durchwachsen war. Aber erstens ist es wohl doch nur eine Bauernregel und zweitens nimmt diese gen Norden stark ab, so wie der Salzgehalt der Ostsee. In Norwegen allerdings kippt das Wetter und es wird kalt und nass. Ein um die britischen Inseln drehendes Tief schickt immer wieder Wolken, lässt aber auch noch ausreichend Sonne durchblicken.
Das Fahren ist sehr entspannt. Wir haben noch nicht einen Unfall gesehen. Die Fahrer in den skandinavischen Ländern fahren sehr defensiv und diszipliniert, keine Raser, keine Drängler. Auch haben wir in den skandinavischen Ländern noch keinen Polizisten auf der Strecke gesehen. Blitzer gibt es zur Genüge, aber nicht einer hat uns geblitzt. Sie sind mit Vorwarnung so aufgestellt, dass sie offensichtlich nicht nur der Abzocke dienen. Zu meiner Überraschung ist der W-Lan Netzausbau auf den Campingplätzen Skandinaviens sehr durchwachsen. Eine gute Verbindung ins Internet kommt nur selten zustande.
Etwa 100 km vor dem nördlichen Polarkreis wenden wir. Wir verzichten auf die Fahrt zum Nordkap zugunsten eines Umwegs über Norwegen. Die Mitternachtssonne ist am Kap auch nur vom 12. Juni bis 1. Juli zu erleben. Aber auch am nördlichsten Punkt der Ostsee ist Ende Juli die Nacht noch sehr kurz, etwa nach 4 Stunden geht die Sonne schon wieder auf. Daran muss man sich erst gewöhnen, um Schlaf zu finden.
Polen
Die 1. Nacht halten wir auf einem Camp in Poznan. In Krutyn (Masurische Seenplatte) bleiben wir ein Tag, um Kanu zu fahren. Die Miete incl. Autofahrt mit Kanu-Anhänger zum Ausgangsort seiner Wahl ist sehr preiswert. Von dort kann man die Krutyn flussabwärts bis zum Ausgangsort fahren. Allerdings hat sich der Ort zum Eldorado der Kanufahrer entwickelt. Die Idee, Kanus zum gewähltem Start zu bringen oder vom gewählten Ziel wieder abzuholen, hat eine Marktlücke gefüllt. Heute leihen zig Anbieter hunderte Kanus aus. Einen Weg im Fließ durch die vielen ungeübten Kanufahrer zu finden ist nicht so einfach. So wird unser Ausflug mehr zur Rallye, statt dem gemütlichen Paddeln durch die schöne, ehemals unberührte Natur.
Baltikum
Von den Balten will keiner Baltikum hören, denn sie sind Nationalisten geworden und halten nichts mehr von Staatenbünden. So ist es eigentlich ein Widerspruch, wenn sie, kaum dass sie sich aus dem Staatenbund der Sowjetunion verabschiedet hatten, wieder in die europäische Union wollten. Aber wer das Eine will, muss das Andere mögen. Kaunas ist so sehenswert wie die Hauptstadt Litauens. Viel ist es nicht.
Hinter Kaunas kommt man auf dem Weg nach Riga an einem Hügel voller Kruzifixe vorbei, nördlich des Ortes Šiauliai. Viele Litauer tragen ihr christliches Kreuz auf diesen Hügel. Insbesondere seit der polnische Papst als größter Antikommunist unter den Päpsten den Hügel geweiht hat. Entstanden ist diese Tradition nach dem Aufstand gegen Russen 1831 und 1863. Es war ein Zeichen des Widerstands gegen die Unterdrückung Litauens, Kreuze für gefallene Litauer. Heute ist dieser Ort vor allem ein Wallfahrtsort für Touristen. Und ein Ort, an dem Geschichte umgeschrieben wird und an dem ein Demokrat ins Grübeln kommen müsste, ein sozialistischer Demokrat sowieso. Mehr dazu in „Das Kreuz mit dem Kreuz“ in der politischen Reise.
Erst kurz vor Riga landen wir an der Ostsee am Strand von Jurmala. Den km-langen Sandstrand in Jurmala kann man mit dem Fahrrad entlang fahren. Auch Riga erkunden wir wie alle anderen größeren Städte mit dem Fahrrad, vom Camp in der Nähe der Stadt aus. Das als Symbol der Unabhängigkeit Litauens neu errichtete Denkmal (im Stil sowjetischer Monomentalarchitektur) ist so groß, dass es nur in der Diagonale aufs Bild passt.
Von Riga ist es nur ein Katzensprung nach Tallin (Estland).
Sowjetisches Ehrenmal auf dem Maarjamäe- Hügel
Wir genießen noch die Aussicht auf Tallin mit Ehrenmahl und Fernsehturm im Hintergrund. Im Hafen wartet schon die Fähre nach Helsinki.
In Tallin hat vor 20 Jahren die Fähre Estonia abgelegt und ist auf halben Weg nach Stockholm 60 m tief gesunken. 700 Menschen sind dabei ertrunken. Verantwortliche konnten nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil die Ursache (defekte oder gesprengte Bugklappe) nie geklärt wurde. So haben Verschwörungstheoretiker wieder freien Raum, diese im Zusammenhang z.B. mit illegalen, schwedisch-russischen Militärgütertransporten auf dieser zivilen Fähre zu stellen. Tallin war quasi die letzte Station für viele Menschen auf der Estonia.
Wir haben Glück und erreichen ohne Unglück den Hafen von Helsinki.
Skandinavien
Finnland
Die finnischen Hauptstadt Helsinki liegt lt. Rangliste der „The Economist“ auf Platz 8 der Top Ten der lebenswertesten Städte. Dabei werden die Themen Gesundheitswesen, Bildung, Stabilität, Kultur, Umwelt und Infrastruktur beurteilt. Aus der Sicht der Radfahrer können wir das bestätigen. Was Radwege und Rücksicht auf Fahrradfahrer angeht, liegt Berlin wohl weit dahinter.
Helsinki, Aussicht vom Olympiaturm Denkmal Olympiadeläufer 1952
Nach den Großstädten endlich wieder in die Natur, von der wir auf dem Camp nahe Turku reichlich finden. In dem kleinen Ort Pargas gibt es nahe dem Camp ein Pub mit großem Fernseher. Dort können wir das Endspiel Deutschland gegen Argentinien sehen. Das letzte Fußball-Weltmeister-Endspiel haben wir in Tscheljabinsk (Asien Tour) verfolgen können. Auch dort waren wir wohl die Einzigen in dem Spiel gegen Spanien, die für die Tore der deutschen Mannschaft gejubelt haben.
Wir bewundern das Panorama der Ostsee und genießen die vielen Sonnenuntergänge.
Schweden
Lulea, Norsjö Seilbahn, Tarneby
Schilder, die vor Elche warnen, gibt es wesentlich mehr als Elche. Wir bekommen erst wElche zu sehen, als wir Schweden von Finnland in Richtung Norwegen durchqueren.
Norwegen
Fiskumfossen (so viel wie Wasserfall für Fische, ganz frei übersetzt)
Trondheim Aussicht Trondheim Cafe
Trondheim Dom Wolken am Camp bei Trondheim
Fähre nach Kristiansund Wasserfall
Kanone auf Kristiansund Kristiansund Häuser
Atlantic-Straße schönste Autofahrt der Welt, „Bauwerk des Jahrhunderts“ in Norwegen
Mandalen in den Bergen und Camp am Romsdalsfjörd
Trollstiegen einer der bekanntesten Touristen-Strecken in Norwegen
Wasserfälle nahe Trollstiegen
Fähre nach Geiranger Geirangerfjord Weltnaturerbe
Geiranger Stellplatz Geiranger Schiffsverkehr
Geiranger Schiffsausflug Geiranger Dorf
Letzter Blick auf Geiranger Letzter Gletscher
Oslo ist die teuerste Stadt der Welt (ohne Berücksichtigung der Mieten, dann wäre es New York), nach einem Preis- und Lohnvergleich einer Schweizer Bank. Oslo ist aber nicht gleichzeitig Spitzenreiter bei den Löhnen, so dass es zur teuersten Stadt wird. So gesehen bestätigt es unseren Eindruck, dass Norwegen, wie auch die anderen skandinavischen Länder sehr teuer im Vergleich zu Deutschland sind. Bei Lebensmitteln z.B. zahlen wir fast das Doppelte. Gefragt danach hören wir solche Antworten wie: „Einfach ist es nicht, man muss sich eben einrichten“. So viel zum Thema Wohlstand in diesen Ländern. Alles ist relativ. Am meisten fällt das Missverhältnis zwischen Lebenshaltungskosten und Lohn in den Schwellenländern auf, wie z.B. in der angolanische Hauptstadt Luanda (siehe hier im Blog-Teil Afrika). Finnland, Schweden und Norwegen gehören zu den zehn wohlhabendsten Nationen der Welt. Lt. Wohlstandsindex ist Deutschland seit 2008 auf den 14. Platz abgerutscht. Das Ranking ermittelt das britische Legatum Institute aus 89 Faktoren, wie Wirtschaft, soziales Kapital, Gesundheitssystem, Sicherheit usw..
Oslo Oper Oslo Stadt der Straßenkünstler
Oslo, Schloss und Wachablösung
Mittel- und Süd-Schweden
Schloss Gripsholm, Inbegriff der Romantik
Stockholm, Blick vom „Balkon“ und von der Brücke auf das Camp
Stockholm, Schloss und Wachablösung
Von Öland nach Kalmar Karlskrona
Schweden wählt eine rot-rot-grüne Mehrheit, wie hier in Malmö
Malmö Sonnenuntergang hinter Kopenhagen zurück in Warnemünde
Wie immer nach einer Reise verbleiben nur die schönen Erinnerungen an einige der vielen neuen Eindrücke.
Am Ort bleiben nur die Schatten unserer Selbst.