Vom Befreiungskampf zum Bürgerkrieg
Durch die Nelkenrevolution im April 1974 in Portugal kam es zum Zusammenbruch des portugiesischen Kolonialreiches. Der Befreiungskampf Angolas gegen die Kolonialmacht Portugal wandelte sich in einen Konflikt um die Macht zwischen der einst marxistischen Partei MPLA einerseits, und den prowestlichen UNITA und FNLA andererseits. Der Prozess zur Unabhängigkeit führte in Angola zum Bürgerkrieg. Sowohl MPLA als auch UNITA ernannten eigene Regierungen. Im Kalten Krieg weitete sich der Bürgerkrieg zum Stellvertreterkrieg aus und zeichnete das Land bis heute schwer. Panzer die mitunter noch herumstehen, sind dabei das geringste Problem.
FNLA und UNITA wurde von den USA, Südafrika und China unterstützt und drangen tief in das Gebiet der MPLA ein. Agosthino Neto, Präsident der MPLA-Regierung, rief 1975 Kuba um Hilfe, da die Sowjetunion anfangs auf Grund von ideologischen Differenzen keine Militärhilfe leistete.
Kubas Hilfe
In Europa kaum bekannt, ist die internationalistische, militärische Hilfe Kubas in Afrika Legende. Im Januar 1976 besiegten kubanische Truppen die südafrikanische Armee in Angola und brachen damit deren Nimbus der Unbesiegbarkeit. Die Kubaner benannten ihre Operation Carlotta nach der Anführerin des Sklavenaufstandes von 1843, dem größten in der kubanischen Geschichte. Für Nelson Mandela war die Niederlage der Apartheid-Armee Inspiration für den eigenen Befreiungskampf. Zum 1. Mal hat ein ausländisches Land ein afrikanisches Land nicht unterdrückt, sondern verteidigt. Westliche Medienvertreter und Politiker wunderten sich, wieso ausgerechnet jene kleine Karibikinsel eine zentrale Rolle beim Staatsbegräbnis von Nelson Mandela eingeräumt wurde. Das Engagement im südlichen Afrika erhöhte Kubas Einfluss in den Entwicklungsländern gegen Rassismus und Einmischung der US und seiner Alliierten und führte zur Wahl Kubas zum Vorsitz der Blockfreien Staaten.
Somalia wollte 1977/78 das heutige äthiopische Ogaden besetzen. Äthiopien unter Mengistu wurde von der Sowjetunion unterstützt, worauf sich Somalia an die Seite der USA schlug. In diesem Zusammenhang wurden kubanische Soldaten aus Angola nach Äthiopien verlegt. Daran erinnert das Friendship Memorial in Addis Abeba (Äthiopien). In Angola erinnert ein Denkmal in der Stadt Luena (an der Grenze zu Sambia und Kongo, am Ende der Welt) an Kubas Hilfe. Das Ziel der Hilfe bestand aus der Sicht Kubas darin, den US-Imperialismus, das südafrikanische Rassistenregime und die Apartheid zu überwinden. Der anvisierte Aufbau einer modernen sozialistischen Gesellschaft in Angola blieb jedoch aus.
Der Aufsteiger Afrikas
Nach dem Tod Netos 1979 wurde Santos, der heutige Präsident, sein Nachfolger. 1992 ging aus den 1. Wahlen die MPLA siegreich hervor. Der UNITA-Chef akzeptierte seine Niederlage nicht und setzte den bewaffneten Kampf fort. Erst dessen Tod ermöglichte die Rückkehr zum Friedensprozess.
Nach dem Ende des 27-jährigen Bürgerkriegs 4/02 hat sich Angola mit einer Steigerung des Bruttosozialprodukts von etwa 12 % allein 2012 zu einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaften Afrikas entwickelt. Das Wachstum resultiert zu 90 % aus dem Öl-Export, d.h. Landwirtschaft und Industrie ist wenig entwickelt. Angola ist nach Nigeria der zweitgrößte Ölproduzent des Kontinents. Wie überall in Afrika kommt davon jedoch der geringste Teil der Bevölkerung zugute. Etwa 2/3 der etwa 19 Mio Einwohner lebt mit weniger als 1,50 € pro Tag in tiefer Armut. Sie schlagen sich in den großen Städten als Straßenverkäufer oder Gelegenheitsarbeiter durch. 220 von 1000 Kindern unter 5 Jahren sterben. Koloniales Erbe ist ebenso daran schuld wie miserable sanitäre Verhältnisse. Eine Krankenhausbehandlung ist oftmals nur gegen Schmiergeld zu bekommen. An den Wohnbedingungen wird die soziale Kluft am deutlichsten. In den beiden größten Städten Luanda und Lobito lebt ein Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes in den Slums (Musseques). Dort zahlt ein kleiner Staatsbediensteter umgerechnet 30 Dollar im Monat für ein Zimmer ohne Strom und fließendes Wasser. Ein Angehöriger der oberen Zehntausend im Süden Luandas eine Monatsmiete im fünfstelligen Dollarbereich.
Trotz Wirtschaftsboom sind 30% der Erwerbstätigen ohne Beschäftigung. China ist inzwischen der wichtigste Handelspartner. Das größte „soziale“ Wohnungsbauprojekt Afrikas, finanziert von den Chinesen, wurde erst kürzlich in Luanda eröffnet. Luanda mit 3,5 Mio Einwohner zählt heute zu den teuersten Städten der Welt.
Die Opposition beklagt die absolute Macht und politische Willkür der heute sozialdemokratischen MPLA. Von der persönlichen Bereicherung einer kleinen Elite und Korruption auch in diesem Land zeugt z.B. ein Manko von 32 Milliarden Dollar im Staatshaushalt, für das die Regierung keine Erklärung bietet. Die größte Oppositionspartei UNITA meint, der Präsident verfügt über öffentliche Gelder, wie über sein Privatkonto. Die Elite Angolas gilt heute als eine der korruptesten der Welt. Viele Angolaner fühlen sich von der internationalen Gemeinschaft in Stich gelassen, für die wirtschaftliche Interessen höher stehen, als z.B. demokratische Grundsätze und Menschenrechte. Jose Eduardo dos Santos ist seit 1979 im Amt und damit Afrikas Dienstältester Präsident. Der Führer der stärksten Partei wird per Verfassung automatisch Staats-Präsident. D.h. Santos blieb auch nach der Wahl Ende August 2012 Präsident.
Die ehemalige Kolonialmacht Portugal musste erst kürzlich vor dem Staatsbankrott gerettet werden. Jetzt soll Portugal von seiner ehemaligen Kolonie, die erst 1975 unabhängig wurde, gerettet werden. Viermal so viele Portugiesen lassen sich in Angola nieder, wie Angolaner in Portugal. Der wirtschaftliche Nachholbedarf Angolas ist enorm. Portugiesisch sprachige Fachkräfte sind gesucht. Ein Ingenieur verdient in Angola 3 Mal so viel, wie sein Kollege in Portugal. Trotzdem drängt die angolanische Regierung Konzerne dazu, mit einheimischem Personal zu arbeiten. Entsprechend sind auch die Visabestimmungen ausgelegt. Die Defizite im Bildungswesen sind nach dem Bürgerkrieg gravierend. Weniger als 2/3 der Kinder im schulpflichtigen Alter gehen zur Schule.
Die erste Milliardärin in Afrika
Isabel dos Santos ist die Präsidententochter in Angola und wohl zugleich die erste Milliardärin in Afrika. Frei nach Jewtuschenkos „Der Hase im Rausch“, stellt sich hier die Frage, „Mit welchen Mitteln gelang es ihr, sich derart zu bereichern? Die Präsidentenfamilie leistet sich ein feudales Leben, während die Mehrheit in Armut lebt. Symptomatisch für Afrika. Mittelalter im 21. Jahrhundert. Ohne der Tochter des Präsidenten ihre unternehmerischen Fähigkeiten absprechen zu wollen, aber einen derartigen Reichtum anzureichern, war ohne das politische Amt des Präsidentenvaters nicht machbar. Das ist Amtsmissbrauch.
Das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt mehr als die restlichen 99 Prozent zusammen! Das ist asozial! Alleine die afrikanischen Staaten kostet es jährlich rund 14 Milliarden US-Dollar, dass reiche Einzelpersonen ihr Vermögen in Steueroasen verschieben. Mit dem Geld (nicht bezahlte Steuern!) ließe sich in Afrika flächendeckend die Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder sicherstellen, was pro Jahr rund vier Millionen Kindern das Leben retten würde
Interessant auch: gerade das „andere“ Deutschland hatte in der Vergangenheit Angola intensive Militärhilfe geleistet… Erfahrungen waren ja reichlich vorhanden 🙂