Putin möchte das Rad der Geschichte zurückdrehen, nicht zur Sowjetunion, sondern zu einer Renaissance eines „Großen Russlands“. Ab 1920 entwickelte sich die UdSSR zu einer „russländischen“ Föderation, in der das „Sowjetische«, also Sozialistische, verdrängt wurde, im Sinne der Idee eines Imperiums. Der Zerfall der UdSSR war verbunden mit einer Explosion des Ethnischen und des Entstehens eines Antikommunismus und des Nationalen. Die Gründung der UdSSR vor 100 Jahren hat im aktuellen Geschichtsverständnis des russischen Präsidenten Putin und den ihm nahestehenden Historikern einen wichtigen Platz. Dieses Geschichtsbild speist sich aus einem Großmachtdenken und der patriotischen Beschwörung einer tausendjährigen russischen Staatlichkeit, die sowjetischen Errungenschaften und Fehlentwicklungen mit einbindet. nach Meinung Putins schlug Lenin faktisch „keine Föderation, sondern eine Konföderation“ vor. Der Leninische Plan eines Unionsstaates als Föderation gleichberechtigter Republiken mit dem Recht des Austritts aus dem supranationalen Verbund war nach Putin die „gefährlichste Zeitbombe“. Für Putin ist die Ukraine ein Kind der Sowjet-Ära und die Eigenständigkeit der Ukraine entstand auf Kosten des historischen Russlands.
Russland hat mit der Sowjetunion nichts mehr gemein. Von der kommunistischen Sowjetunion ist nichts geblieben. Die Oktoberrevolution haben die Sowjets 1991 endgültig versenkt. Allerdings war Russland auch schon zu Sowjetzeiten kaum mehr als ein patriarchalisch regierter Feudalstaat, gesegnet mit vielen Bodenschätzen. Und ist dies bis heute geblieben, auch wenn sich Russlands Gewicht unter den Weltplayern erhöht hat. So gesehen war der die Leninsche Idee in einem Land eine sozialistische Revolution zu beginnen, ein Fehlstart. Aber alles Neue schließt einen Fehlstart nicht aus. Aus dieser Sicht war das Ende der Sowjetunion noch nicht das Ende der Geschichte.
An linke, oder marxistische Ziele kann sich durch den Krieg in der Ukraine jedoch nichts ändern. Das Feindbild ist nicht Russland unter Putin. Das ist das westliche Feindbild. Die Errichtung einer friedliebenden, demokratischen, sozial gerechten Gesellschaft ist nach wie vor das Ziel für Linke. Da der Kapitalismus die heutigen Probleme nicht lösen kann, sondern Teil des Problems ist (Klimakrise, Rassismus, Massenarmut und Arbeitslosigkeit, Militarisierung usw.), bleibt ein antikapitalistische Welt ein linkes Ziel. Krieg ist keine Erfindung Putins, sondern systemimmanenter Bestandteil des Kapitalismus, zu dem Putin gehört.
Krieg zu verurteilen, ist wichtig. Aber Kriege gehören nicht der Vergangenheit an, solange nur Russland und Putin zum Feind erklärt wird. Der größte Betrug ist die Behauptung Selenskis, er würde westliche „Werte“ verteidigen. Das ist verlogen, geschichtswergessen, doppelzüngig. Auf ukrainischem Boden treffen in einem Stellvertreterkrieg lediglich zwei Imperien aufeinander, ein starkes und ein schwächeres, sich bedroht sehendes. Das Blutvergießen in einem grausamen Krieg wird durch westliche Kriegsbeteiligung, Waffenlieferung, Sanktionen nur verstärkt, bzw. überhaupt nur noch ermöglicht. Die USA und mit ihm der Westen verteidigen lediglich ihr Imperium, das Ihnen seit dem Kalten Krieg ermöglichte, ihre Regeln in einer bipolaren Welt zu bestimmen. Putins Russland strebt jedoch keine unipolare Welt unter seiner Führung an, sondern eine multipolare Welt. Das Gerede über einen Sieg der Ukraine über Russland, ist ausgesprochen dumm und verlogen und kann auch zu einem Dritten, diesmal atomaren Krieg führen, den keiner gewinnen kann.