Start 7.5.2016 ab Berlin, Ziel Berlin 17.8.2016.
72 Tage an 41 Standorten.
Geplante Route ca. 10.000 km. Gefahrene Route ca. 7.610 km : Niederlande, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland.
Spanien und Portugal lasse ich weg. Die gefahrene Route befindet sich unten jeweils am Ende eines Landes.
Die Kosten betragen rd. 48,50 € pro Tag. Das ist wesentlich mehr als in Asien oder in Afrika und liegt an den hohen Kosten für Übernachtung auf den Campingplätzen und den Kosten für die Fähren, die etwa genauso hoch sind, wie die Kosten für Diesel.
Auf der Route liegen nur EU-Staaten im Schengener Raum, außer England und Irland. In keinem Land ist ein Visum erforderlich.
Eine andere Währung als € gibt es nur in Großbritannien (incl. Nordirland).
Mein erstes Ziel ist Limerick in Irland, welches ich in 6 Etappen mit jeweils 300 km erreiche. Am 3.Tag lande ich am Strand von Calais. Natürlich nicht mit dem Fahrrad, das ich nur für kurze Ausflüge nutze. Unterwegs bin ich immer noch mit dem als Camper ausgebauten Toyota Hiace. Nur das Fahrrad ist ein neues altes, das andere wurde in Berlin geklaut. Die Anzeige bei der Polizei dient sicherlich nur der Statistik.
Das schönste Haus in Calais ist das Rathaus. In Les Erables finde ich ein Camp unweit des Cap Blanch-Nez. Dort erinnert ein Denkmal an die strategische Bedeutung dieses Punktes schon im 1. und 2. Weltkrieg. Hier an der Meerenge kann man bis zum ca. 40 km entfernten Dover sehen, wohin ich anderntags mit der Fähre übersetzen will. Die Überfahrt kostet 136,-€ für Auto und Fahrer. Das ist etwa die Hälfte der Fahrt durch den Tunnel per Bahn. Allerdings ist die 3-mal schneller. Der Liter Diesel kostet in England unter Berücksichtigung des schwachen Euro um 1,60 €. Das kann sich nach einem Brexid schnell ändern. Auf der Fahrt zum Hafen steht hinter mächtigen Stacheldrahtzäunen immer noch das Flüchtlingslager im Regen. Wenn ich den Menschen helfen würde, würde ich mich als Fluchthelfer strafbar machen. Deshalb wird beim einchecken auch das Auto gründlich durchsucht. Außerdem ist hier Ende des Schengener Raums.
England empfängt mich mit majestätischem Wetter, 2 Tage nur Regen. Das letzte Mal bin ich in Westafrika als Linksfahrer unterwegs gewesen. Auf die Geisterfahrt hat man sich relativ schnell eingestellt. Als Fußgänger muss man allerdings aufpassen, ein Schritt auf die Straße ohne nach rechts zu schauen kann fatale Folgen haben.
Von Fishguard setze ich mit der Fähre nach Rosslar über und schon bin ich auf der rauen und grünen Insel Irland. Für die Fähre, die 4,5 Stunden braucht, sind 230,-€ zu berappen. Wexford ist keine Vorzeige-Stadt, hat aber hat aber auf der einen Seite der Brücke ein Camp und auf der anderen 2 Pubs mit Livemusik. Die Musik kann in den beiden Pubs nicht unterschiedlicher sein, leider geht davon im Stimmengewirr viel unter. Aber beides gehört wohl zu einem Pub. Natürlich auch das Bier. Junge Leute stellen ein Likörglas mit Jägermeister in ein Bierglas, in welches sie Red-Bull schütten.
Auf den Camps finden sich fast nur Irländer ein. Diese sitzen den ganzen Tag im Wohnwagen. Vielleicht liegt es daran, dass es noch relativ kühl ist, vor allem nachts. Auffällig ist auch die Anzahl der relativ Beleibten. Sicher auch eine Folge von Fast Food. Das haben die Iren aus Amerika mitgebracht. Immerhin beträgt der Anteil der Iren in den USA bis zu 20 % seit der letzten Hungersnot in Irland Mitte des 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit sind bis zu 400.000 jährlich aus Irland nach Nordamerika emigriert. Geflüchtet vor Hunger mit der Hoffnung ein lebenswertes Leben in den USA zu finden.
Was wäre die USA ohne Irland? Auch die Präsidenten Kennedy und Clinten haben Vorfahren aus Irland. In New Ross halte ich an der „Emigrant Flame“, die an diese Zeit erinnert. Kennedy hat die Flamme hierher mitgebracht, nachdem er in Berlin den Leuten zurief, er sei ein Berliner.
Das Schiff Dunbrody z.B., welches hinter der Flamme steht, wurde in Quebec erbaut, weil in Irland dazu Holz fehlte. Als kleiner und primitiv ausgebaute Frachter hat es auf der 6 bis 8 Wochen langen Überfahrt per Segel bis zu 300 Emigranten transportiert, wobei die Sterberate bis zu 50% Betrug. In Amerika wurden die Flüchtlinge integriert und nicht mit Stacheldraht und Militär an der Emigration gehindert. Die Welt hat sich geändert. Die Fluchtgründe sind heute andere, aber die Umstände und Dramatik sind geblieben. Geblieben ist Flucht vor Naturkatastrophen, heute kommen Flucht aus unterentwickelten Ländern infolge ungerechter Weltwirtschaft und Kriege hinzu. Im Westen kümmert sich Keiner um die Fluchtursachen, weil alle nur mit der Zurückweisung der Flüchtlinge und deren Abfangen vor den Toren Europas beschäftigt sind. Noch können Europäer froh sein, wenn sie in der Euro-Zone Visafreie Fahrt haben.
Irland hat eine Jahrhundert alte Tradition mit der Emigration. Nach einem bekannten irischen Werbespruch sind Fremde nichts anderes als Freunde, denen man noch nicht begegnet ist. Also könnte man ja meinen, dass Irland im Umgang mit Fremden großherzig und offen ist. Stattdessen hat die Regierung ihr Asylgesetz verschärft. Durch die Insellage am Atlantik und im Rücken des sich unsolidarisch abschottenden Großbritanniens genießt Irland einen natürlichen geographischen „Schutz“ vor unkontrolliert einreisenden Fremden. Die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird auf der Insel kaum wahrgenommen.
Jedoch geht die Flüchtlingspolitik vieler Regierungen an öffentlicher Meinung weit vorbei. Nach dem Willkommens-Index für Flüchtlinge von Amnesty International würden 80 % der Menschen auf der Welt Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen. Deutschland (mit Ausnahme konservativer Politiker) liegt auf Platz 2 hinter China. In Irland wurde niemand befragt. Wenn jeder zweite Chinese Flüchtlinge bei sich aufnehmen würde, gäbe es keine mehr. Leider hilft die Umfrage hier nicht weiter.
Die Republik Irland zog es 1949 vor, nach über drei Jahrhunderten britischer Herrschaft aus dem Commonwealth auszuscheiden. Nordirland verblieb im Vereinigten Königreich. Damit ist Irland zweigeteilt, wie einst Deutschland. Die Austeritätspolitik der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass der Süden der grünen Insel infolge des Kreditprogramms Geisel der Gläubigerinstitutionen der EU ist, und die Menschen im Norden unter einer feindseligen konservativen Regierung in London leiden.
Kurz vor Limerick nahe Tipperary gönne ich mir noch eine Pause. Die Caravan und Campingplätze verfügen über englischen Rasen und sind relativ teuer (bis zu 23,-€ pro Nacht für Wohnwagen mit Fahrer). Stelle ich mein Zelt auf, brauche ich mehr Platz, bezahle aber nur die Hälfte. Mit Logik hat das nichts zu tun.
In den Bergen nahe Tipperary hat Cristus den Überblick und es scheint wieder die Sonne. Im Frühling ist es hier doch noch noch recht frisch.
Irland als „Insel der Heiligen und Gelehrten“, zieht eine große Anzahl von Studenten wegen seines ausgezeichneten Rufs für Bildung und Willkommenskultur (welche sich auf Studenten und Touristen beschränkt) an. Unterrichtssprache ist Englisch, was Irland sehr zugänglich für Studenten aus der ganzen Welt macht. Die Insel ist beliebt nicht nur für seine üppigen grünen Hügel, sondern auch für seine sehr freundliche Kultur und Menschen, für seine Kneipen mit charakteristischer irischer Musik und nicht zu vergessen für sein – Guinness. Die Arbeitslosigkeit ist gering und die Wirtschaft floriert. 2005 wurde Irland von der Economist als „Best Place in der Welt zu leben“ benannt. Nach der Rezession des Jahres 2008 sind die Lebenshaltungskosten in Irland zwar gesunken, sie zählen aber immer noch zu den höchsten in Europa. (s. auch im politischen Reiseblog „Europäische Union am Ende?“).
Türen sind auch in Limerick etwas Besonderes, nicht nur in Dublin. Die rote Tür ist der Eingang zum „Limerick Language Centre“ (http://www.english-in-limerick.com/). Das ist mein Ziel in den nächsten 2 Wochen. Untergebracht bin ich bei einer Familie, die Studenten aufnimmt. Die Gastfreundlichkeit von Mike und June ist kaum zu übertreffen und die Versorgung ausgezeichnet. Ihre Tochter Aileen hat gerade ihre Schule abgeschlossen und beginnt ein Studium. Ihr Bruder studiert in den USA. Beim gemeinsamen Frühstück und Abendbrot kommt man sich schnell näher (Konversation nur in Englisch). Die 3 km zwischen Unterkunft und Schule fahre ich mit dem Fahrrad.
Ausleihen von Fahrrädern ist kein Problem, das sichere Fahren mit dem Fahrrad schon eher. Limerick ist eher keine Fahrradstadt.
Nach der Schule treffen sich die Studenten z.B. beim gemeinsamen Barbiquiu oder im Billiard-Pool.
Das Wochenende nutze ich für einen Ausflug zu den Cliffs of the Mohers. Auf der Hinfahrt regnet es wieder, aber an den Cliffs scheint wie bestellt die Sonne. Die etwa 100 m hohen Cliffs bieten ein tolles Panorama und ein eindrucksvolles Naturschauspiel.
Sie erstrecken sich über etwa 8 km. Man muss sich also nicht abzocken lassen am zentralen Parkplatz. Ich finde einen Privatparkplatz und schnalle mein Fahrrad ab.
Nahe den Cliffs finde ich in Doolin ein Camp mit Blick auf die Cliffs und übernachte dort. Obwohl es noch empfindlich kühl ist, ist der Platz voll von Touristen, die sich alle abends alle im Pub einfinden. Deren Geräuschkulisse übertönt leider die Musik.
Anderntags fahre ich durch die Burren, ein weites Felsplateau, oder eine Karstlandschaft mit zerklüfteten Steinformationen. Der Poulnabrone Dolmen ist ein Zeugnis uralter Zivilisation und wurde etwa 1000 Jahre vor den Pyramiden errichtet.
Das ausgebüchste Pferd weiß zumindest, dass es links zu gehen hat.
Die Schulzeit ist schnell um, aber ich habe noch Zeit für einen Besuch im Castle, dem Wahrzeichen von Limerick, in einer der großen Kirchen, sowie im Hunt-Museum. Ich nehme noch Abschied von meiner Gastfamilie, in der ich mich sehr wohl gefühlt habe und das Auto sicher vor ihren Haus stehen konnte.
Und natürlich bleibt noch Zeit für ein Bier. In dem einen kleinen Pab spielen 6 Musiker und die Einheimischen singen sogar mit, in dem anderen wird zur irischen Musik auch getanzt, von irischen Vortänzern.
Zuletzt heißt es Abschied nehmen von meiner Gastfamilie, die ich als sehr angenehme Gastfamilie in Erinnerung behalte. Das Fahrzeug stand sicher und wurde nur am Wochenende zu einem Ausflug zu den Cliffs of Moher bewegt. Zur Schule bin ich die 6 km hin und zurück über 3 Brücken täglich mit dem Fahrrad gefahren. Limmerick ist allerdings keine fahrradfreundliche Stadt, wie ganz Irland nicht. In Galway tobt das Leben. Die engen Straßen und vielen Bar sind voll. Viele Straßenkünstler geben ihr Bestes.
Strandhill bei Sligo, Standplatz in den Dünen. Ein Sonnenuntergang, der mit Kanonen beschossen wird. Abends der Beste Pup mit etwa 20 Musikern, die kommen und gehen und zeitweilig „mitmischen“.
Im County Donogal, am Wild Atlantik Way, finde ich einen Stellplatz mit herrlicher Aussicht. Ganz in der Nähe die Slieve League, die zu den höchsten Meeresklippen Europas gehören und eine spektakuläre Landschaft bieten. Sie sind mit über 600 m fast dreimal so hoch wie die Cliffs of Moher.
Weiter ganz in der Nähe der Silver Strand, der zum Baden einlädt. Aber das Wasser ist noch empfindlich kalt. Auf der Weiterfahrt ins nächste Camp noch diesen Blick vom Glengesh Pass ins Tal vor Ardara. Auf der Weiterfahrt ins nächste Camp noch diesen Blick vom Glengesh Pass ins Tal vor Ardara. Der letzte Camp-Standort in der Republik Irland ist zwar schön gelegen (Badestrand hinter den Dünen), aber hinterlässt keinen nachhaltigen Eindruck. Von solchen Standorten gibt es eine Menge auf meinem Weg: Teuer aber wenig Service.
Die nächste Sehenswürdigkeit ist der Giant’s Causeway (Damm des Riesen, UNESCO-Welterbestätte) an der nördlichen Küste Nordirlands. Diese Steinformation besteht aus gleichmäßig geformten Basaltsäulen mit meist sechseckigem Querschnitt. In dem kleinen Städtchen Bushmills ganz in der Nähe befindet sich die Old-Bushmills-Whiskeybrennerei. Im Gegensatz zum schottischen Whiskey wird der irische einmal mehr destilliert. Da aus dem Bier das Wasser destilliert wird, ist der Alkoholanteil höher. Nichts für mich, meine Grenze liegt bei 30%.
Die Carrick-a-Rede Rope Bridge kann auch von oben bewundern, wenn man sich die Parkgebühren und den Eintritt sparen will.
Die Reise geht durch und vorbei an Orten, die mehr oder weniger bekannt sind. Z.B. Carrickfergus ist ein Vorort von Belfast. Das gleichnamige irische Volkslied, handelt von einer verlorenen und unerreichbaren Liebe. Es wurde von zahlreichen Musikern interpretiert, darunter Joan Baez. Lockerbie erinnert an einen Bombenanschlag auf ein Boing-Verkehrsflugzeug von Pan-Am im Dezember 1988, das bis heute nicht aufgeklärt ist. Als Urheber des Anschlages wurden Libyen und Iran ins Gespräch gebracht. Die Verschwörungstheoretiker haben das Wort.
In Belfast wurde die Titanic gebaut. Da diese sehr tief auf dem Meeresgrund liegt, kann man sie nicht mehr bewundern. Dafür aber das Titanic-Museum bestaunen. Wenn ich den Zustand der Gesellschaft heute sehe, denke ich oft an den Spruch: „Rauf auf die Titanik und ran an die Bar“.
Belfast war schon lange Schauplatz des Nordirlandkonfliktes. Der nordirische Bürgerkrieg von 1969 bis 1998 forderte 3500 Tote. Es war nicht nur ein Religionskrieg zwischen Protestanten und Katholiken, sondern der Krieg tobte auch zwischen den Nachfahren englischer und schottischer Kolonisten auf der einen Seite und irischen Ureinwohnern auf der anderen Seite, sowie zwischen „besitzenden Patriziern mit staatlichem Gewaltmonopol“ und einer „bäuerlich-proletarischen Unterschicht“. In Belfast-West gingen die „Troubles“ 1969 los, als ein protestantischer Mob aus der „Shankill“ eine Straße nebenan in der katholischen „Falls“ abfackelte. Der „Peace Wall“, ein halber Kilometer Betonwand, der im Stadtplan der Tourismuswerbung fehlt, trennt Shankill von den Falls. „Unionisten“ und „Nationalisten“ leben auch 18 Jahre nach Friedensschluss und Wirtschaftsaufschwung noch segregiert. Die Belfaster Mauer des Friedens verhindert, dass sich „ehemalige“ Feinde ins Gesicht sehen müssen. An jeder freien Hauswand sind heroische Wandmalereien zu sehen, die in privater Initiative als Erinnerung an diese Zeit gepflegt werden.
Das war die Route durch Irland
Von Belfast setze ich mit der Fähre über nach Schottland (Cayrnryan). Auf den Campingplätzen kann man sich auch über ausgedienten Wohnwagen mit Streber- oder Schrebergarten und Gartenzwergen wundern. Gruselig dort zu stehen als einziger Tourist.
In England gibt es auch in kleinen Provinzstädtchen, wie hier im Vorort von Manchester, sehr gut gepflegte Kneipen (Pubs) mit Fernseher und Fußballfans, sowie Internet-Anschluss.
Übrigens die nordirische Fußball-Nationalmannschaft hat sich zum ersten Mal zu einer Europameisterschaft qualifiziert. Ich sehe in einer Kneipe in einem Vorort von Manchester das unentschiedene Spiel England gegen Russland. Am Tisch störend lärmende Frauen mit Kleinkindern bei Bier und Popcorn, die Ihren Männern beim Fußball „Gesellschaft“ leisten. An der Theke Fußball-Fans mit komischen Papphüten und englischen Wink-Elementen. Beim englischen 1:0 noch Gegröle, beim 1:1 der Russen in der Nachspielzeit Mucksmäuschen still. Ich halte mich als Außenseiter zurück. Das Endspiel am 10.7.2016 werde ich wahrscheinlich in Frankreich sehen können, aber nicht in Saint-Denis (Paris). Da fällt mir ein, dass bei jeder meiner Reisen um die Welt bisher Fußball ein Thema war. Auf der Asienreise 2010 waren es die Weltmeisterschaften, dessen Endspiel Spanien – Niederlande wir in Tscheljabinsk verfolgen konnten. Das Endspiel der EM 2012 in Südafrika habe ich auf der Reise rund um Afrika gesehen. Leider war ich erst in Südafrika, als die EM schon vorbei war. Bei der Reise um die Ostsee 2014 war es das WM-Endspiel Deutschland – Argentinien, welches wir in Finnland verfolgt haben.
Während sich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland seit Beginn der 1990er Jahre um rund 40 % verbesserte, stieg der reale Nettolohn nur um sage und schreibe rund 1 %. Sozialrichter setzen ihren selbsternannten Feldzug gegen deutsche „Sozialschmarotzer“ entgegen des „Sozial“-Gesetzbuches fort, und ich ungeachtet dessen meine Reise durch Westeuropa. Die Kunst ist die, als Bugdet-Traveller mit den geringsten Mitteln, die weit unter Pauschalreisen liegt, viel zu sehen und zu erleben. Allerdings hat sich diesmal der Tagessatz bis jetzt fast verdoppelt durch die 4 Fährüberfahrten und die 14 Tage Englischschule mit fester Unterkunft in Vollverpflegung.
Über Berg und Tal geht es weiter in Richtung Liverpool.
Unterwegs noch ein Halt am Ulswatersee, eine schöne Gegend im Nationalpark bei Pooley Bridge. Auf einem Camp treffen sich Fans mit ihren gut erhaltenen Oldtimern.
Liverpool ist als Hafenstadt Unesco-Weltkulturerbe. Die Beatles, die größte Rock- Band aller Zeiten, die heute noch neue Fans findet, haben aus Liverpool die „Welthauptstadt des Pop“ gemacht. Das was die Pop-Musik noch heute ausmacht, wurde zwischen 1965 und 1975 komponiert. Alles was folgte waren Kopien. Die Musik der 60ér hat nicht nur eine Musikrichtung bestimmt, sondern ein Lebensgefühl vermittelt, welches ich noch in geschneiderten Schlaghosen, die es nicht von der Stange gab, und im Blau-Hemd erlebt habe. In Liverpool im „The Beatles Story“ habe ich diese Zeit noch mal an mir vorbei ziehen lassen.
Und während ich in Erinnerungen schwelge, hat fast zeitgleich der erfolgreichste Komponist und unkaputtbarste Evergreen aller Zeiten, Paul McCartney, ein Konzert in der Berliner Waldbühne gegeben. Und seine Fans dachten: Ach, Paule! So einen wie dich hätten wir auch gerne! Aber wir haben nur den Udo, den Marius und den Herbert. Und die Jüngeren, die die Beatles für längst ausgestorben hielten, wunderten sich über den Opa mit dem alten Bubengesicht, dem man nicht abnimmt, dass er schon 74 ist.
In London wird viel gebaut. Auffällig sind die neuen Wolkenkratzer, die vor allem für die wenigen Superreichen gebaut werden. Appartements in diesen Wolkenkratzern kosten Millionen. Seit der letzten großen Finanzkrise sind diese als Wertanlage sehr gefragt. Zu den Leidtragenden gehört die Mehrzahl, die sich derart teure Wohnungen nicht kaufen können. Da mit den Kaufpreisen die Mieten steigen, werden viele an den Stadtrand gedrängt. Ob eine Wohnung teuer ist oder nicht, hängt davon ab, wie viel des verfügbaren Geldes (Einkommen) für Miete (Wohnkosten) ausgegeben werden muss. Dazu mehr unter politische Reise in: https://afrikatrip.wordpress.com/2015/02/18/zweiklassengesellschaft/ sowie „Wohnungsnot und Schweinezyklus“.
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Ich stehe auch am Stadtrand in einem Camp. Von dort führt eine 7 km ausgeschilderte Rad-Route direkt in die City. Überhaupt führen durch die City imposante Spuren für Fahrräder (Autobahnen), die aber vor allem von Radlern mit Rennrädern genutzt werden. London war vielleicht das Vorbild für die vielen Berliner, die jetzt mehr Fahrradspuren in Berlin fordern. Kurz nach meiner Radtour durch London, demonstrieren Gegner und Befürworter des Brexit auf der Themse. Brexit-Anhänger bringen indessen ihr Kriegsschiff auf der Themse in Stellung.
Dazu mehr unter: „Ist die Europäische Union am Ende?“
Das war die Route durch England, hin und zurück.
Dann geht es mit der Fähre von Dover nach Dunkerque (Nachbarhafen von Calais) zurück auf´s Festland, oder Kontinent, wie die Briten zu Europa sagen. Ich nutze wieder den Nachttarif (früh um 4) und zahle ganze 45,-€ mit Auto. Diesmal ist die Fähre etwas voller. Polnische Fußballfans sind auf dem Weg nach Frankreich. Großbritannien war eines der ersten Länder, welches seinen Arbeitsmarkt für sie öffnete, nach dem Beitritt Polens in die EU. 850.000 polnische Auswanderer fragen sich nun, ob sie in Großbritannien bleiben können. Sie stellen fest, dass über die Hälfte der wahlberechtigten Insulaner sie zu keinem Zeitpunkt willkommen hieß, weil „polnische Migranten angeblich nur Sozialleistungen beziehen wollten“. Entgegen populistischer Angriffe waren sie jedoch ausgewandert, um hart zu arbeiten.
Die Brexit-Befürworter appellieren an niedere Instinkte, an Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Das werden nicht nur die Polen zu spüren bekommen. Plebiszite sind demokratische Mittel. Problematisch werden sie, wenn das befragte Volk sich der Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst ist, weil es uninformiert ist oder absichtlich in Unkenntnis der Folgen seiner Entscheidung gelassen wird.
Meine erste Station in Frankreich ist an der Somme an der Bucht bei Amiens. Auch ein geschichtsträchtiger Ort. Die Schlacht an der Somme von 1916 gilt als blutigste Schlacht des Ersten Weltkriegs. Bei der Offensive britischer und französischer Truppen gegen deutsche Stellungen starben in viereinhalb Monaten fast 1,1 Millionen Soldaten.
Etretat, ein kleines Städtchen am Meer kurz vor Le Havre mit der Felsenformation, die wie ein Elefantenrüssel aussieht. Abends wird sie angestrahlt und erscheint wie eine Theaterkulisse. In der Höhle steht auch in Deutsch, dass man bei überraschender Flut dort auf die nächste Ebbe warten kann.
Übrigens, was macht ein Paar, wenn es sich lange Zeit nicht sehen kann, weil er oder sie weit weg studiert? Es kommuniziert virtuell täglich mehrmals, sagt der Jugendforscher Prof. Dr. habil. Kurt Starke. Spätestens nach viereinhalb Stunden fängt der Zurückgelassene oder der weit Entfernte an, sich Sorgen zu machen. Tagelanges quälendes Warten ist nicht mehr. Früher gab es dafür höchstens den Brief- oder Telefonkontakt. Heute ist es vor allem die SMS, sowie die Mail, soziale Netzwerke im Internet, oder Skype mit Bildkontakt. Und was passiert, wenn man die virtuelle Welt verlässt und sich körperlich trifft? Erst einmal nichts. Erzählt ist ja schon alles. Auch die Arbeitswelt hat ihre Gesetze und verlangt heute Flexibilität. Ein gemeinsames zu Hause mit Kindern wird auf später verschoben, und nicht selten wird ein Nie daraus. Langjährige Fernbeziehungen waren früher eher selten, sie wurden als nicht lebbar empfunden oder lösten sich einfach von selbst auf. Dies hat sich rapide verändert, dank der neuen Medien. Wie sich diese nichtleibliche Kontaktform auf die Beziehung und das Individuum Partner auswirkt, ist noch nicht erforscht. Weg vom (zuerst verliebten, später eingezwängten) Wir, hin zum Paar als eine Addition zweier ansonsten selbstständiger Individuen?
Gemessen an den Kneipen, in denen man im Land der Austragung der Fußballeuropameisterschaften auch mit Fans Fußball sehen kann, ist Frankreich keine Fußballnation. Nur Restaurants, in denen Muscheln geschlürft werden, die weder Fußball noch WiFi bieten. Auch in größeren Hotels nur verständnisloses Staunen über einen vom Mond, der nach Fußballübertragung fragt. Die Pizza mit TV, die man in der Provinz findet, muss man wie die Stecknadel suchen. Haben die Franzosen andere Sorgen (aktuell Abbau von Rechten am Arbeitsmarkt)?
Die Le Mont-Saint-Michel (Unesko Weltkulturerbe) ist eine kleine Insel, die von einer befestigten Abtei dominiert wird. Schon in der Vorsaison sind die kleinen Gassen vollgestopft, nicht auszudenken, was sich hier in der Saison abspielt. Ein gothisches Meisterwerk, das da aus dem Atlantischen Ozean ragt, aber total vermarktet (jährlich etwa 3,5 Millionen Menschen, bei 41 Einwohnern). Beliebt auch als Ziel beim Wattwandern. Die Kinder sehen entsprechend verschlammt aus und müssen erst mal abgespritzt werden. Der Weg über das Watt ist wegen der im Galopp kommenden Flut nicht ungefährlich.
Auf dem nächsten Camp am Abend und in der Nacht Gewitter und Dauerregen. Das Donnerwetter erinnert an die Front an der Normandie. Anschließend Sonnenschein, aber mittags am Strand kein Wasser zum Baden, nur Watt.
In Les Sables am Strand ein kleines Restaurant mit Livemusik zu zwei Gitarren beim Sonnenuntergang. Das ist die Stimmung, die für viele kleine Ärgerlichkeiten entschädigt.
Am anderen Abend dann Fußball im Camp. Eine kleine Halle zwischen Rezeption und Pool, gefüllt mit etwa 50 Franzosen, denn es Spielt Frankreich gegen Irland. Als dann 2 Tore fallen und die französische Mannschaft das Spiel umdreht, fallen auch Gläser vom Tisch und die Halle bebt. Anschließend beim Spiel Deutschland – Slowakei ist die Halle fast leer, mit mir nur 3 deutsche Hanseln. Da wäre es doch praktischer, jedes Land führt nur mit seiner eigenen Mannschaft Meisterschaften aus. Müssen ja keine Europa- oder gar Weltmeisterschaften sein.
Eine Karte in Bordeaux war natürlich nicht mehr zu bekommen für das Spiel Deutschland gegen Angstgegner Italien. Auf dem Camp in Bordeaux steht der Fanbus. Die Zitterpartie hielt an bis zum 9. Elfmeter.
Abschied vom wilden Atlantik am Strand bei Lit-et-Mixe. Ab hier beginnt der Rückweg. Meterhohe Wellen, die das baden gehen am bewachten Badestrand erheblich erschweren.
Weiter geht es in Richtung Clermont- Ferrand entlang am Fluss Garonne bis nach Cohors und des kleinen Flüsschens Lot bei Agen.
Zufällig kreuzt sich bei Polminhac die Tour de France mit den Europameisterschaften im Fußball. Ich bin schlecht informiert und komme ein wenig zu spät am Camp du Val de Cere an, um mir das Spektakel am Puy Mary anzusehen. Die Zielankunft sehe ich in unmittelbarer Nähe nur im Fernsehen. Ziel der 5. Etappe der Tour de France war am Berg Puy Mary (mit 1783 m zweithöchster Gipfel der Monts du Cantal), hier ganz in der Nähe. Von den Höhen dieser Vulkanpyramide eröffnet sich eine atemberaubende Panoramaaussicht auf die ganze Auvergne. Die Pyramide erinnert ein wenig an die Schneekoppe im Riesengebirge.
Am nächsten Abend steigt Deutschland als Favorit im Halbfinale aus. Ein zwar spannendes Spiel, in dem Deutschland aber nicht zum eigenen Rhythmus gefunden hat. Frankreich ist zwar im Finale, aber ansonsten haben sich die wirtschaftlichen Erwartungen, mit dem nach Weltmeisterschaften und Olympiade drittwichtigsten sportlichen Ereignis, nicht erfüllt.
Ein Jahr rund um Afrika, und ich habe nicht einmal einen Arzt gebraucht. Jetzt bin ich 2 Monate in Westeuropa unterwegs, und ich brauche ihn gleich zweimal. Zuerst war es in Irland ein Abszess am Zahn. Die Sprechstunde kostete etwa das siebfache der verschriebenen Antibiotika. Die Kosten habe ich erst einmal vorschießen müssen. Ob ich davon aus einer eigens dafür abgeschlossenen Auslandskrankenversicherung etwas wiedersehe, muss sich noch herausstellen. Dann war ich in einer französischen Ambulanz. Die haben mich gleich ins benachbarte Hospital überwiesen. Für 3 Tage tausche ich mein Schlafplatz im Auto auf dem Campingplatz gegen ein Krankenhausbett in Paray-Le-Monial ein. Die Verständigung mit den Ärzten ist eher mühsam, weil kaum jemand englisch spricht. Obwohl sich Englisch seit Jahrhunderten aus der lateinischen und französischen Sprache ableitet, ist mein Englisch meist besser, als das der Ärzte. Unter den Schwestern gibt es sehr wenige mit Englischkenntnissen. Diesmal erledigt sich die Kostenfrage mit dem Vorzeigen der deutschen Krankenversicherungskarte. Die Auslandskrankenversicherung braucht man wohl nur bei außergewöhnlichen Kosten, wie Rücktransport nach Deutschland. Gehört eigentlich nicht zu meiner Art gegen alles abgesichert zu sein. Meist verdienen dabei doch nur die Versicherungsgesellschaften.
Später stellt sich heraus, es ist eine Hepatitis E. Damit verbunden ist allgemeine Lustlosigkeit. Und ich hatte schon philosophiert, ob ich generell die Lust an dieser Art zu Reisen verloren habe. Es fehlte die Neugierigkeit, z.B. an neuen Standorten sofort erst einmal die Umgebung zu erforschen. Das kann auch damit zu tun haben, dass das Abenteuer keine tragende Rolle mehr spielt. Darin ist Asien oder Afrika nicht zu toppen, bzw. darin ist Europa eher langweilig. Desweiteren gehört allgemeine Appetitlosigkeit zum Krankheitsbild. Im Hospital zeigt die Waage nur noch 75 kg an. D.h. ich habe in den 2 Monaten 10 kg verloren! Das ist einerseits Idealgewicht, andererseits bin ich seit 30 Jahren nicht so tief gesunken. Das Abnehmen gehört zum Reisen, zumindest bei dieser Art des Reisens: Als Budgettraveller ohne Luxus. Das kannte ich schon seit der Asientour und rund um Afrika. Wenn man sich aus einer kleinen Kühlbox ernährt, isst man weniger. Ohne zu hungern wohlgemerkt. D.h. zu Hause oder im Luxushotel (all includet) isst man meist nicht weil man Hunger hat, sondern weil es schmeckt, also oft viel zu viel. Wenn dann noch wie hier Appetitlosigkeit dazukommt, geht es noch schneller mit dem Abnehmen.
Dann geht es geradewegs nach Hause. Im Elsas besuche ich noch alte Freunde Christiane und Gerad und in Karlsruhe Astrid und Loyal, die mich in Afrika „verfolgt“ haben. Astrid hat inzwischen ihr Buch „Afrika fernab erlebt“ veröffentlicht.
Auf dem Schlossplatz in Karlsruhe auffallend viele Nerds, die in ihr IPhone verliebt sind. Die Letzte Station vor Berlin war dieser idyllische Platz bei Oberhof.
Das war die Route durch Frankreich und durch Deutschland, hin und zurück.
Du bist ja schnell mit dem Bloggen.
Für den 1.Teil der Reise 2 Irische Segenswünsche, die dich begleiten:
Mögest du bei jedem Erwachen
eine Stimme hören, die zu dir spricht: heute wird dir etwas Gutes widerfahren.
Möge es in deinem Leben…auf dieser Reise
keine verschenkten Tage geben, aber viele, die du anderen schenkst.
…so hoffe ich, dass du uns davon hier etwas weiterschenkst …von Zeit zu Zeit.
Cead mile failte -> 100.000Grüsse -> Barbara
Hallo Manni,
ich wünsche Dir viel Glück für Deinen Westafrika Trip.
Hab ein nettes Gedicht gefunden, was ich Dir gerne hier aufschreibe.
Du willst wieder auf die Reise gehen,
um ein fremdes Land zu sehen?
Dann halte ein und höre zu:
Der FREMDE in dem Land bist Du!
Die Wichtigste von allen Bitten –
Bedenke: fremde Länder, fremde Sitten!
Außerdem sollst Du nicht vergessen:
Andere Länder, anderes Essen!
Du sollst das Land nicht einfach sehen,
sondern auch versuchen, zu verstehen,
darin zu lesen wie in einem Buch –
vergiss nie, DU bist hier zu Besuch!
Halt Augen, Ohren und das Herz Dir offen,
freu an dem Neuen Dich, das Du getroffen,
lass Erwartungen und Vorurteilen eine Pause –
genieß die Reise – und komm gut nach Hause!
Bin Fremder hier, das stimmt. Aber ich bin kein Flüchtling und werde nicht abgeschoben.
Das stimmt ja Manfred. Ich fand dieses Gedicht und wollte es Dir einfach schicken. Aber gut, dass Du aus England raus bist. Die fangen jetzt offen an Ausländer anzupöbeln. Auf dem Mont S Michel war ich auch schon. Trotz viel Kommerz, ein zauberhafter Ort. Auch St. Malo ist toll. Gute Reise weiterhin . Viele Grüße.
Hallo Anja, Der Le Mont-Saint-Michel ist wirklich sehr beeindruckend. Vor fast genau 11 Jahren sind wir übrigens schon einmal bis La Rochelle gekommen. Da bin ich Morgen wieder.